Dass der Junge, der am 8. April 1900 in Pforzheim als Adolf Rosenberger geboren wurde, einmal ein gefeierter Rennfahrer werden wird, konnten sich seine Eltern ganz sicher nicht vorstellen. Vater Simon besaß einige lukrative Gewerbeimmobilien. 1927 baute die Familie mit dem Ufa-Theater ein hochmodernes Tonfilm-Kino mit sensationellen 1000 Plätzen. Und einer Mieteinnahme, die der Familie ein gutes Auskommen sicherte.
Ökonomisch betrachtet also keine große Überraschung, dass schon der junge Adolf Rosenberger bald »Gentleman-Rennfahrer« wurde, ein reicher Privatier, der sowohl Motorrad- als auch Autorennen fuhr. Bis 1927 verzeichnete er bereits 40 Siege, die meisten mit Wagen der Marke Mercedes. Einer der Chefkonstrukteure war Ferdinand Porsche, der 1931 ein eigenes Unternehmen gründete. Mit dabei: Porsches Schwiegersohn Anton Piëch, der 1933 Mitglied der illegalen österreichischen NSDAP wurde. Und Adolf Rosenberger.
ANTEILE Beide, Piëch und Rosenberger, beteiligten sich mit jeweils zehn Prozent an dem neuen Unternehmen. Ein großer finanzieller Erfolg wurde es zunächst nicht, Rosenberger half mehr als einmal bei Engpässen aus. Aber nach der Machtergreifung der Nazis 1933 musste der Jude Rosenberger sich als Geschäftsführer zurückziehen. Seine Anteile übertrug er später an seinen engen Freund und Nachfolger, Hans Baron Veyder-Malberg und reiste zunächst nach Paris. Keiner der Porsches kam zum Bahnhof, um ihn zu verabschieden, was ihn sehr geschmerzt haben dürfte.
1935 beging er den Fehler zurückzukehren. Prompt wurde er verhaftet. Die Gestapo warf ihm unter anderem »Rassenschande« vor, nach zweiwöchiger Haft wurde er ins KZ Kislau überstellt, wo er auch misshandelt wurde. Nach vier Tagen aber war es Veyder-Malberg gelungen, ihn freizukaufen. 1939 half der Baron auch, die Eltern Simon und Emma Rosenberger aus Deutschland ausreisen zu lassen.
Am 11. Januar 1938 war es dann so weit, er emigrierte an Bord des Dampfers »Ile des France« in die USA.
Adolf Rosenberger ging erneut nach Frankreich, wo er seinen Namen in Alfred ändern ließ. Am 11. Januar 1938 war es dann so weit, er emigrierte an Bord des Dampfers »Ile des France« in die USA. Rosenberger muss damals gehofft haben, als international bekannter Rennfahrer in der Autostadt Detroit schnell Arbeit zu finden. Obwohl Juden in Deutschland verfolgt wurden, galt er den US-Behörden aber als »feindlicher Ausländer«. Schließlich zog er desillusioniert nach Los Angeles, wo er mit anderen Flüchtlingen eine Tankstelle eröffnete. Als das Geschäft scheiterte, wurde er Vertreter für Plastikprodukte, bis er endlich im Jahr 1944 die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt. Zuvor hatte er am 24. Dezember 1943 seinen Namen in »Alan Arthur Robert« ändern lassen.
EINIGUNG 1950 heiratete Rosenberger die 1939 emigrierte Anne Metzger, eine ehemalige Sekretärin von Porsche. Das Paar eröffnete ein Unternehmen, das hochwertige Dekorationen herstellte und vertrieb. Dazu gehörten auch extravagante »TV-Lampen«: Keramik-Tierfiguren, in deren Rückseite eine Glühbirne für indirekte Beleuchtung beim Fernsehschauen sorgen sollte.
Zuvor hatte er Porsche auf Zahlung von 200.000 D-Mark verklagt, weil ihm seine Anteile lediglich zum Nominalwert weggenommen worden waren und Gesellschafterdarlehen nicht zurückgezahlt wurden. Die Unternehmer Porsche und Piëch waren nach 1945 für 22 Monate in französischer Haft gewesen. Spätestens 1949 saßen sie wieder im Sattel.
Rosenbergers Verhandlungen zogen sich hin. Ende September 1950 kam es zu einer Einigung: Porsche zahlte dem gesundheitlich angeschlagenen früheren Geschäftsführer 50.000 D-Mark und zusätzlich entweder einen Porsche Sportwagen oder einen VW mit Luxusausstattung.
Er wählte den Käfer, aber den Ärger mit den Ex-Geschäftsfreunden vergaß er nicht.
Er wählte den Käfer, aber den Ärger mit den Ex-Geschäftsfreunden vergaß er nicht. 1966 erklärte Rosenberger, dass Porsche ihm noch Geld schulde, er sei herausgedrängt worden. Aus Unterlagen, die seine Erben 2017 dem SWR zugänglich machten, geht hervor, dass die Gesellschafter ihm 1933 vorhielten, dass Porsche keinen Wimpel als »judenreiner Betrieb« erhalte, »solange ich Gesellschafter bin«. Porsche und Piëch hätten sich seines Jüdischseins »bedient, um mich billig loszuwerden«.
Alan Arthur Rosenberger starb am 6. Dezember 1967, er und seine Frau sind auf einem jüdischen Friedhof in New York bestattet.
TV-Tipp: Am Montag, 24. Juni, zeigt die ARD um 23.30 Uhr die Dokumentation »Der Mann hinter Porsche«: Adolf Rosenberger (1900–1967) – Rennfahrer, Kaufmann, Porsche-Mitbegründer und Jude.