Sprachgeschichte(n)

Ab in den Knast

Knastologinnen: Szene aus der RTL-Serie »Hinter Gittern – Der Frauenknast« Foto: cinetext

Hermann Joseph Bausch-Hölterhoff, schauspielernder Rechtsmediziner der Kölner »Tatort«-Serie, schildert als Joe Bausch in seinem Knast betitelten Buch von 2012 das Gefängnis als »eine Parallelwelt mit eigenen Gesetzen«. Die Sprache ist dafür ein sicherer Indikator.

Schon der im Duden als umgangssprachlich eingestufte Ausdruck »Knast« ist doppeldeutig. Er meint neben der Haft auch das Gefängnisgebäude. Dazu führen der Duden wie das Wortschatz-Portal der Universität Leipzig, nach Register und Region differenziert, etliche Synonyme auf. Von Lexemen der Amtssprache wie »Freiheitsstrafe«, »Arrest«, »Gewahrsam« oder »Straf-«, beziehungsweise »Justizvollzugsanstalt (JVA)« reichen sie über Slangwörter wie »Bau«, »Bunker«, »Kahn«, »Kiste«, »Kittchen«, »Loch«, »Sing-Sing« oder »Verschlag« bis zu österreichischen Entsprechungen wie »Gefangenenhaus«, »Häfen« und »Kotter«.

code Die scherzhaft »Knackis«, »Knastis« oder »Knastologen« genannten Gefängnisinsassen bedienen sich eines sondersprachlichen Codes. Der kriminologisch versierte Strafrechtler Klaus Laubenthal listet in seinem Lexikon der Knastsprache (2001) allein unter dem Lemma »Knast« über 100 Komposita auf, zum Beispiel »Knastbulle« (Vollzugsbediensteter), »Knastpunkte« (eintätowierte Symbole), »Knastvogel« (rückfälliger Straftäter) und »Knastpope« (Anstaltsgeistlicher).

Die Etymologie-Reise zum »Knast« referiert Klepschs Westjiddisches Wörterbuch (2004): »Das lateinische Wort census (Steuerschätzung, Volkszählung) wird nach der Expansion des Römischen Reichs in den östlichen Mittelmeerraum ins Griechische als kénsos entlehnt, danach, über dessen Vermittlung, auch ins Hebräische qenas (Geldstrafe).«

Das Jiddische übernahm zunächst das Substantiv. Als »Knass legen« wurde dies dann aber, so Klepsch, »in einer spezifischen Bedeutung verwendet: Bei einer Verlobung wird eine Konventionalstrafe für das Nichtzustandekommen der Ehe ausgehandelt. Zur Bekräftigung der Gültigkeit des Vertrags wird ein Teller zerbrochen. Knass legen bedeutet nun entweder Verlobung oder speziell das Zerbrechen des Tellers anlässlich derselben.« Diesen Brauch führt Abraham Tendlau (Jüdische Sprichwörter und Redensarten, 1860) auf eine Talmud-Erzählung (Brachot 31a) zurück.

rotwelsch Im Rotwelschen wurde »Knass«, das zunächst »Geldbuße« bedeutete, erst auf alle Strafen, dann auf die Gefängnisstrafe und das Haftgebäude übertragen. Phonetisch wurde es dabei durch ein Schluss-t ergänzt, wohl in Anlehnung an ähnliche deutsche Verbableitungen. Diese rotwelsche Form »Knast« verbreitete sich über die Berliner Umgangssprache in Deutschland.

Der Kriminalkommissar C. W. Zimmermann zitierte in seinem Buch Die Diebe in Berlin (1847): »Er hat gimmel Schoof Knast, das heißt, er ist zu drei Jahren Zuchthausstrafe verurteilt.« Bei Zimmermann findet man auch das Verb »beknasten« (bestrafen) und das Adjektiv »beknast« (bestraft). In Bischoffs Jüdisch-deutscher und deutsch-jüdischer Dolmetscher 1916 findet sich dazu auch das als gaunersprachlich markierte Nomen agentis: »K’naster«, gleich Richter.

Antisemitismus

Gert Rosenthal: »Würde nicht mit Kippa durch Neukölln laufen«

Die Bedrohung durch Antisemitismus belastet viele Jüdinnen und Juden. Auch Gert Rosenthal sieht die Situation kritisch - und erläutert, welche Rolle sein Vater, der Entertainer Hans Rosenthal, heute spielen würde

 01.04.2025

Berlin

Hans Rosenthal entdeckte Show-Ideen in Fabriken

Zum 100. Geburtstag des jüdischen Entertainers erzählen seine Kinder über die Pläne, die er vor seinem Tod noch hatte. Ein »Dalli Dalli«-Nachfolger lag schon in der Schublade

von Christof Bock  01.04.2025

Künstliches Comeback

Deutschlandfunk lässt Hans Rosenthal wiederaufleben

Der Moderator ist bereits 1987 verstorben, doch nun soll seine Stimme wieder im Radio erklingen – dank KI

 01.04.2025

Interview

Günther Jauch: »Hans Rosenthal war ein Idol meiner Kindheit«

Der TV-Moderator über den legendären jüdischen Showmaster und seinen eigenen Auftritt bei »Dalli Dalli« vor 42 Jahren

von Michael Thaidigsmann  01.04.2025

Jubiläum

Immer auf dem Sprung

Der Mann flitzte förmlich zu schmissigen Big-Band-Klängen auf die Bühne. »Tempo ist unsere Devise«, so Hans Rosenthal bei der Premiere von »Dalli Dalli«. Das TV-Ratespiel bleibt nicht sein einziges Vermächtnis

von Joachim Heinz  01.04.2025

TV-Legende

Rosenthal-Spielfilm: Vom versteckten Juden zum Publikumsliebling

»Zwei Leben in Deutschland«, so der Titel seiner Autobiografie, hat Hans Rosenthal gelebt: Als von den Nazis verfolgter Jude und später als erfolgreicher Showmaster. Ein Spielfilm spürt diesem Zwiespalt nun gekonnt nach

von Katharina Zeckau  01.04.2025

Geschichte

»Der ist auch a Jid«

Vor 54 Jahren lief Hans Rosenthals »Dalli Dalli« zum ersten Mal im Fernsehen. Unser Autor erinnert sich daran, wie wichtig die Sendung für die junge Bundesrepublik und deutsche Juden war

von Lorenz S. Beckhardt  01.04.2025 Aktualisiert

Hans Rosenthal

»Zunächst wurde er von den Deutschen verfolgt - dann bejubelt«

Er überlebte den Holocaust als versteckter Jude, als Quizmaster liebte ihn Deutschland: Hans Rosenthal. Seine Kinder sprechen über sein Vermächtnis und die Erinnerung an ihren Vater

von Katharina Zeckau  01.04.2025

TV-Spielfilm

ARD dreht prominent besetztes Dokudrama zu Nürnberger Prozessen

Nazi-Kriegsverbrecher und Holocaust-Überlebende in einem weltbewegenden Prozess: Zum 80. Jahrestag dreht die ARD ein Drama über die Nürnberger Prozesse - aus der Sicht zweier junger Überlebender

 01.04.2025