Anmerkung der Redaktion (2. August 2023):
Als dieser Text von Fabian Wolff in der Jüdischen Allgemeinen erschien, glaubte die Redaktion Wolffs Auskunft, er sei Jude. Inzwischen hat sich Wolffs Behauptung als unwahr herausgestellt.
Schwere Beats und lautes Geprahle, untermalt mit billigen Synthie-Sounds: So hört sich eine »Black Bar Mitzvah« an. Zumindest, wenn es nach dem Rapper Rick Ross geht, der sein neues Mixtape so genannt hat. In der Mitte gibt es einen kurzen Skit, in dem Peter Rosenberg, Moderator beim New Yorker Radiosender Hot 97, als Rabbi Ross dazu gratuliert, jetzt ein Mann zu sein.
Rick Ross alias Teflon Don alias Ricky Rozay ist ein Mann vieler Interessen: An- und Verkauf von Kokain in großen Massen, Triumphieren über Gegner und vor allem Konsum. Ob teure Sonnenbrillen, Uhren oder Waffen: Jedes dritte Wort von Ross ist irgendein Markenname. Selbst seine Rap-Crew heißt »Maybach Music Group«, nach dem Luxusauto. Das alles ist mal pervers unterhaltsam, mal seelentötend dekadent, häufig beides gleichzeitig.
»Heeb-Hop« Rick Ross ist nicht der erste Rapper in den letzten Jahren, der vom B-Boy zum Bar Mitzvah Boy werden möchte. Es fing vielleicht damit an, dass die Spaßrapper »The Black Eyed Peas« in ihrem Partysong I Gotta Feeling plötzlich »l’Chaim! Mazel tov!« riefen. Dann kam Shyne, der nach seiner Konvertierung während einer längeren Haftstrafe plötzlich als orthodoxer Jude in die Öffentlichkeit zurückkehrte, sein Album selbstbewusst Messiah nannte und mit Matisyahu einen Track aufnahm. Der bisherige Höhepunkt dieses Rap-Trends war das Musikvideo zum Song HYFR, in dem Drake, Sohn einer jüdischen Mutter aus Toronto, seine Barmizwa nachstellte.
Ein neues Subgenre namens »Heeb-Hop« ist damit noch nicht im Entstehen, bemerkenswert ist der Trend trotzdem. Rick Ross und seine nichtjüdischen Kollegen waren inzwischen wahrscheinlich auf genügend Bnaimizwa, dass sie sich auskennen. Questlove von den Roots erzählt, dass Auftritte auf Barmizwa-Partys ein Riesengeschäft sind, das sich kein Hip-Hopper entgehen lässt. Immer mehr reiche jüdische Eltern, vor allem aus dem Musikbusiness, engagieren für die Unterhaltung ihrer Sprösslinge berühmte Rapper gegen Honorare im sechsstelligen Bereich. Drake wurde schon auf einer solchen Party gesichtet, Kanye West auch.
business Dabei war das Verhältnis zwischen schwarzen Rappern und jüdischen Labelmanagern oft angespannt. Ice Cube hat seinen Ex-Manager Jerry Heller einmal als »the Jew who broke up my crew« beschimpft. Mos Def warnte vor einem »tall Israeli«, der angeblich das Rap-Business kontrolliere – gemeint war Lyor Cohen, damals Chef von Def Jam. Heute preist Rick Ross seine »jüdischen Geschäftspartner«, mit deren Hilfe er viel Geld verdient. Für ihn und andere bedeutet Barmizwa wohl vor allem Bargeld. So weit von der Realität ist er also doch nicht entfernt.
Rick Ross: »Black Bar Mitzvah«. MMG 2012, kostenloser Download auf datpiff.com