Am Mittwoch hatte der Kunstsammler Cornelius Gurlitt über seinen Anwalt Christoph Edel angekündigt, er wolle alle Gemälde aus seiner Sammlung, die als Raubkunst zu klassifizieren sind, ihren jüdischen Besitzern oder deren Nachfahren zurückgeben. »Wir stehen unmittelbar vor der Herausgabe eines ersten signifikanten Werkes«, sagte Edel am Mittwochabend.
Dabei soll es sich laut einem Rechercheteam von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR um das Gemälde Die sitzende Frau von Henri Matisse handeln. Die Herausgabe solle demnächst mit den Nachfahren des Pariser Kunstsammlers Paul Rosenberg vereinbart werden. In sechs weiteren Fällen sei man mit den Erben der Besitzer im Gespräch, so Edel. Der Anwalt ist gleichzeitig rechtlicher Betreuer des schwer erkrankten Gurlitt.
Die Augsburger Staatsanwaltschaft will nun mögliche Übereinkünfte zwischen dem Kunstsammler und Erben jüdischer Kunstbesitzer prüfen. Man werde der Frage nachgehen, ob es möglich ist, »Rechten von Geschädigten zur Geltung zu verhelfen«, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Donnerstag.
Bisher aber liege der Behörde keine Vereinbarung zwischen dem 81-jährigen Gurlitt und jüdischen Erben vor. Zurzeit befinden sich die Sitzende Frau sowie alle weiteren 1280 unter Raubkunst-Verdacht beschlagnahmten Bilder aus der Sammlung Gurlitt bei der Augsburger Staatsanwaltschaft. Cornelius Gurlitt ist der Sohn des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt, der während der Nazizeit mit beschlagnahmter »entarteter Kunst« Geschäfte gemacht hatte.
Transparenz Die Conference on Jewish Material Claims Against Germany hat sich zur Ankündigung von Cornelius Gurlitt geäußert. »Wir begrüßen, dass Herr Gurlitt die Bilder zurückgeben möchte«, hieß es in einer Mitteilung.
Rüdiger Mahlo, Repräsentant der Claims Conference in Deutschland, fügt jedoch hinzu: »Uns reicht nicht, dass Herr Gurlitt die Aufklärung der Bilder selber betreiben möchte. Es ist wichtig, dass diese Aufklärung an eine unabhängige Stelle weitergegeben wird. Es kann nicht sein, dass die Bilder 70 Jahre unter Verschluss geblieben sind und nun Herr Gurlitt die Position eines Aufklärers inne haben möchte. Wir fordern, dass die gesamte Sammlung Gurlitt veröffentlicht und transparent gemacht wird.«
Bisher blieb die Liste der bei Gurlitt beschlagnahmten Bilder zu großen Teilen nämlich geheim. Die BILD-Zeitung hatte die Staatsanwaltschaft auf die Herausgabe der kompletten Liste verklagt.
Nachdem das Verwaltungsgericht Augsburg in erster Instanz noch zugunsten von BILD entschieden hatte, kassierte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nun das Urteil, nachdem Gurlitts Anwälte und die Staatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt hatten. Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, sagte der BILD: »Diesen Beschluss kann ich nicht nachvollziehen. Wer eine faire und gerechte Lösung in diesem Fall anstrebt, muss für größtmögliche Transparenz sorgen.« ja