Wahrscheinlich nur in Berlin kann eine Band erfolgreich werden, die aus einem ukrainischen Juden, einem Ungar, einer Bulgarin, einem Australier, einem Österreicher und drei Deutschen besteht und eine Mischung aus Punk, Klezmer, Balkan, Hip-Hop und Ska in fünf verschiedenen Sprachen spielt. »RotFront« heißt die 2003 gegründete Gruppe, die ihren eigenartigen Stil »Emigrantski Raggamuffin« nennt. Der Genrename schien sehr gut zu passen – bis zu dem Moment, als der Band klar wurde, dass ihre Musik im Ausland als deutscher Sound wahrgenommen wird.
themensetzung Mit der Frage, was deutsche Musik eigentlich ist, setzen sich Yuriy Gurzhy, Simon Wahorn, Katya Tasheva, Mad Milian, Anke Lucks, Dan Freeman, Max Hacker und Phillip Zwirchmayr jetzt in ihrem neuen Album auseinander, das nach drei Jahren Studiopause erschienen ist.
Der Titel 17 Deutsche Tänze ist programmatisch und bezieht sich auf gleichnamige Kompositionen von klassischen Meistern wie Haydn, Beethoven und Schubert. Musikalisch zitiert wird auch Richard Wagner in dem Lied »Girl from Bayreuth«, das von der Liebe eines Israelis zu einer »arischen« (wie es im Song heißt) Geigerin aus der Wagner-Kultstätte handelt und sich mit allen dazugehörigen Vorurteilen auseinandersetzt. In »German Dance« kommen hebräische Volkstanzelemente aus der Hora mit einem schroffen Gitarre-Riff und deutschsprachigem Rap zusammen und setzen damit den Ton für die ganze CD.
RotFront, die im Juni und Juli wieder durch Deutschland tourt, bleibt in 17 Deutsche Tänze ihrem »Emigrantski-Raggamuffin«-Stil zwar treu, setzt sich aber ein grunddeutsches Thema. Dieses Album ist deshalb nicht mehr eine Einladung zu einer Multikulti-Party – es ist eine Aufforderung zur Introspektive. Für alle.
RotFront: »17 Deutsche Tänze«.
Gmo – the Label 2014. Tourdaten unter
www.rotfront.com/de/tour-dates