Es ist noch gar nicht so lange her, da gehörten in vielen westeuropäischen Synagogen am Schabbat und zu den Feiertagen Zylinder als Kopfbedeckungen für Männer zum guten Ton. Und wer kennt nicht das berühmte Bild von Theodor Herzl, wie er mit schwarzem Zylinder auf dem Kopf anlässlich des Ersten Zionistenkongresses 1897 aus der Basler Synagoge kommt?
Würde Herzl heute noch leben, dann könnte er sich derzeit in Basel in dem Spielzeug Welten Museum, das übrigens direkt gegenüber dem Stadt-Casino liegt, wo die Zionistenkongresse einst stattfanden, ein paar schöne klassische Zylinder anschauen.
Öffentlichkeit Aber nicht nur das. Auch Hüte für Frauen, die gleichfalls in Synagogen getragen wurden, sind zu sehen. Zum Beispiel ein Modell der Londoner Firma Marshall & Snelgrove aus dem Jahr 1937. Über 100 historische Damen-, Kinder und Männerhüte aus über 200 Jahren zeigt die aktuelle Sonderausstellung Mut zum Hut.
Die Ausstellung zeigt Hüte vom Alltagsobjekt um 1750 bis hin zu Designerkreationen von heute.
Das Motto sei durchaus wörtlich zu nehmen, glaubt Laura Sinanovitch, Geschäftsführerin des Museums. »In der heutigen Zeit werden oft Baseballcaps oder ähnliche Mützen getragen, und das nicht nur von jüngeren Leuten. Wer aber hat denn noch den Mut, in der Öffentlichkeit an einem Arbeitstag einen großen Hut zu tragen?« Hier trotzen viele Jüdinnen und Juden also schon dem Zeitgeist, der von auffälligen Kopfbedeckungen eigentlich nichts mehr wissen will.
Die Basler Ausstellung folgt allerdings ausschließlich der Mode und ihrer Ausrichtung und nicht der Geschichte; die spitzen gelben Judenhüte beispielsweise, die Juden im Mittelalter als klares Zeichen der Ausgrenzung und Diskriminierung tragen mussten, werden im Ausstellungstext zwar erwähnt, zu sehen sind sie aber nicht. Schließlich sollen vor allem die ästhetischen Interessen der Besucher angesprochen werden und nichts anderes.
Israel sei kein Land, in dem die Hutmode viele Fans habe, sagt der Experte.
Dazu gehören sicher auch die Modelle des israelischen Designers Maor Zabar, der ebenso wie andere Hutkünstlerinnen und -künstler eigens für die Eröffnung der Ausstellung angereist war. Er gehört zwar noch nicht zu den Bekanntesten seiner Zunft. Seine Hutmodelle haben aber durchaus das Potenzial, Sammlerobjekte zu werden. Wie etwa die Venusfliegenfalle, eine überaus extravagante Kreation.
Humor Zabar, der an der renommierten Shenkar-Modeschule in Tel Aviv studiert hatte, arbeitete oft als Designer auch für das Ballett, das Theater und die Oper – alles Kunstdisziplinen, in denen Kopfbedeckungen eine zentrale Rolle spielen. »Für mich war deshalb immer klar, dass ich nicht unbedingt Hüte schaffen will, die man auf der Straße trägt. Vielmehr handelt es sich um kleine Kunstwerke.«
Auch Hüte für Frauen, die gleichfalls in Synagogen getragen wurden, sind zu sehen.
Seine Modelle, sagt Maor Zabar, schaffe er auch immer mit einem Augenzwinkern. »Der Humor soll bei meiner Arbeit nicht zu kurz kommen.« Dass die jüdische Religion Kopfbedeckungen für Männer und Frauen, wenn auch aus ganz unterschiedlichen Motiven, vorschreibt, sieht Zabar allerdings eher als Problem denn als Inspiration. »Ich denke, dass säkulare Israelis Kopfbedeckungen manchmal gezielt vermeiden, um nicht in irgendwelche Diskussionen über religiöse Überzeugungen hineingezogen zu werden.«
Aus diesem Grund sei Israel kein Land, in dem die Hutmode viele Fans hat. »Nichtreligiöse Israelis tragen Kopfbedeckungen nur aus praktischen Gründen, sei es als Sonnenschutz oder auch mal im Winter gegen die Kälte.« Deshalb verkaufe er in Israel auch kaum Hüte, sagt Zabar. »Mein Hauptabsatzmarkt sind vor allem die USA.« Aber vielleicht trägt die Ausstellung in Basel mit dazu bei, dass Hüte auch woanders ein Comeback erleben – zum Beispiel in der Schweiz.
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