Kurz nach dem Wahlerfolg der nationalkonservativen Regierungspartei Fidesz ist am Dienstag im Zentrum von Budapest mit der Errichtung eines umstrittenen Denkmals für die ungarischen Opfer der deutschen Besatzung begonnen worden. Wie das regierungskritische Klubradio meldete, versammelten sich am Abend in der Nähe der amerikanischen Botschaft Oppositionspolitiker, Menschenrechtsaktivisten und Vertreter der jüdischen Gemeinde, um gegen das Denkmal zu protestieren. Sie trugen Banner mit der Aufschrift, das Denkmal sei eine »Fälschung der ungarischen Geschichte«.
Holocaust Das Denkmal, das bis Mai fertiggestellt sein soll, wird einen Reichsadler (Hitler-Deutschland) zeigen, der über den Erzengel Gabriel (Ungarn) herfällt. Es soll daran erinnern, dass Ungarns Souveränität mit der Besetzung durch Nazi-Deutschland am 19. März 1944 endete. Der ungarische Staat sei also nicht mitverantwortlich gewesen für den Holocaust an den ungarischen Juden. Historiker hingegen betonen immer wieder: Die Deportation der ungarischen Juden in die deutschen Vernichtungslager war nur mit kräftiger Unterstützung der ungarischen Behörden möglich.
Die jüdischen Gemeinden und zahlreiche jüdische Verbände protestieren seit Monaten gegen das Denkmal und haben die Regierung mehrfach aufgefordert, es nicht einzuweihen. Ein Sprecher der Regierungspartei Fidesz nannte die Debatte um das Denkmal »hysterisch«. Auch Regierungschef Viktor Orbán verteidigte das Denkmal. In einem Brief an den Präsidenten des Verbandes der jüdischen Gemeinden in Ungarn (Mazsihisz), Andras Heisler, schrieb Orbán Anfang des Jahres, es gebe Kräfte, die das Gedenken politisch ausschlachten würden, man werde diese Versuche aber entschieden zurückweisen.
Wahlkampf Ursprünglich war geplant, das Denkmal Mitte März einzuweihen. Doch nach Protesten der jüdischen Gemeinde verschob es die Regierung während des Wahlkampfs auf unbestimmte Zeit. Mazsihisz-Chef Heisler sagte Klubradio gestern, der plötzliche Baubeginn habe ihn überrascht. ja/jta