Auf Twitter zeigt sich die Universitätsdozentin Farah B. empört: »Zionistische Faschisten« hätten die »Antisemitismus-Karte« benutzt, um den von ihr geplanten Vortrag über Israel, den Zionismus und »rassifizierte, sexualisierte und gegenderte Konfigurationen siedlerkolonialer Herrschaft« zu verhindern. Eigentlich hätte Farah B., die in Wirklichkeit anders heißt, am 30. Mai im Rahmen einer mehrtägigen Veranstaltungsreihe der Akademie der bildenden Künste Wien zu diesem Thema sprechen sollen. Nach heftiger Kritik, unter anderem von den »Jüdischen österreichischen Hochschüler:innen« (JöH), sagte die Wiener Kunstakademie die Veranstaltung jedoch ab.
Bedenken Die Präsidentin der JöH, Sashi Turkof, erläuterte im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen ihre Bedenken gegenüber dem geplanten Vortrag von Farah B.: »Die Dozentin hat öffentlich die antisemitische BDS-Bewegung unterstützt.« Es sei zu befürchten, dass sie einen Universitätsvortrag »als politische Bühne missbraucht«. Turkof sieht auch den Ankündigungstext des abgesagten Vortrags geprägt von israelbezogenem Antisemitismus. Farah B. wollte demnach über die »Funktionalität von Pinkwashing als ein siedlerkoloniales Sinnesregime« sprechen, das »die zionistische Struktur mit dem Ziel der Eliminierung der indigenen Bevölkerung« verfolge. Für Turkof ein klarer Fall von Dämonisierung und Delegitimierung des jüdischen Staates.
Das sehen zahlreiche Studierende und Mitglieder der Wiener Kunstakademie anders. Sie unterzeichneten einen Offenen Brief, in dem sie die Absage des Vortrags von Farah B. als einen »unbegründeten und rassistischen Angriff« werten. Den Versuch, »palästinensische Stimmen auf Grundlage falscher Antisemitismusvorwürfe zu zensieren und zum Schweigen zu bringen«, lehne man ab und fordere eine »öffentliche Aufklärung, Entschuldigung und Diskussion dieser Absage«.
ENTSCHULDIGUNG Diese Forderungen hat die Leitung der Kunstakademie inzwischen weitgehend erfüllt. In einer Stellungnahme heißt es: »Wir entschuldigen uns dafür, dass der Vortrag in der geplanten Form nicht stattfindet, da eine offene Kritik immer möglich sein muss.«
Auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen erklärte eine Sprecherin der Akademie, dass der Ankündigungstext zu dem Vortrag zwar »antisemitische Klischees« bediene und bestimmte Thesen »brandgefährlich« seien. Dennoch habe man Farah B. eingeladen, ihren Vortrag zu einem späteren Zeitpunkt »in einem anderen, mit Bedacht aufgesetzten und vor allem diskursiven Format« nachzuholen. Auf diese Weise solle »die Gratwanderung zwischen diskursiven Grenzüberschreitungen einerseits und Zensur andererseits« gelingen. Die Einladung hat Farah B. jedoch abgelehnt. Eine Anfrage dieser Zeitung ließ sie unbeantwortet.
Österreich