Unter Einsatz moderner Technik will die orthodoxe israelische Organisation ZAKA in der Donau nach den Überresten von Tausenden Juden suchen, die 1944 und 1945 erschossen und in den Fluss geworfen wurden. Zwar lief ein erster Anlauf in der vergangenen Woche ins Leere, doch der Verein zeigt sich entschlossen, im Februar für einen neuen Versuch in die ungarische Hauptstadt zurückzukehren.
Falls die professionellen Retter fündig werden, sollen die Knochen nach Israel mitgenommen werden, wo eine Beerdigung gemäß dem jüdischen Gesetz geplant ist.
Genehmigung Das Vorhaben bekam grünes Licht von der rechtspopulistischen Regierung Viktor Orbáns, nachdem der israelische Innenminister und Schas-Parteivorsitzende Arie Deri seinen ungarischen Amtskollegen Sándor Pintér getroffen und um die erforderlichen Genehmigungen gebeten hatte.
Die Aktion stößt nun in Budapest auf Widerstand. Der jüdische Dachverband Mazsihisz kritisiert sie scharf und fordert die ungarischen Behörden auf, dem Vorhaben sofort ein Ende zu setzen. Die Annahme, dass Holocaustopfer nur in Israel eine jüdische Beerdigung bekommen könnten, sei nicht nur falsch, sondern auch beleidigend für die jüdische Diaspora in Ungarn.
Berrdigung Auch gelte es als völlig unklar, wem die Überreste, die man möglicherweise in der Donau findet, überhaupt gehören. Tatsächlich landeten nach der Besatzung Budapests durch die Wehrmacht zahlreiche Leichen in dem Fluss: Jüdische wie nichtjüdische Ungarn wurden in jenen tragischen Monaten Opfer der Morde durch die einheimischen und deutschen Faschisten, aber auch der Bomben. »Es zeugt von mangelnder Sensibilität, einfach für alle pauschal eine orthodoxe Beerdigung in Israel organisieren zu wollen, es ist einfach nicht akzeptabel«, sagt der Mazsihisz-Vorsitzende András Heisler.
Der Rabbiner Slomó Köves, dessen Chabad-nahe Konkurrenzorganisation EMIH sich in einem offenen Konflikt mit Mazsihisz befindet, ist ganz anderer Meinung: Man könne anhand von DNA-Analysen die Überreste mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit einordnen. »Das einzig Relevante hier ist die sehr wichtige Mizwa, die Opfer zu beerdigen«, gibt Köves zu Protokoll.
KOntroverse EMIH steht seit dem vergangenen Jahr im Mittelpunkt einer weiteren Kontroverse, denn sie ist die einzige jüdische Organisation in Ungarn, die sich bereit zeigte, bei dem umstrittenen Projekt eines neuen Holocaust-Museums mit der rechtspopulistischen Regierung zusammenzuarbeiten. Die offizielle Linie des Orbán-Kabinetts ist, die ungarische Verantwortung für den Völkermord auf dem eigenen Gebiet herunterzuspielen, während sie gleichzeitig eine antisemitische Kampagne gegen George Soros betreibt.