Frau Bricman, diese Woche hat die Europäische Union jüdischer Studierender (EUJS) ihr 40-jähriges Bestehen gefeiert. Was hat sich seit der Gründung Ihres Verbandes verändert?
Die EUJS ist nicht nur gewachsen und hat sich etabliert, sie hat vor allem das Zusammenwachsen von jungen Jüdinnen und Juden in Europa befördert. Wir sind mittlerweile für die EU und für andere Organisationen zu echten Partnern geworden. Das übrigens nicht nur, wenn es um jüdische Anliegen geht. Wir stehen auch für Menschenrechte ein. Ich denke, es gibt da ein jüdisches Selbstbewusstsein, das in den letzten 40 Jahren allmählich gewachsen ist.
Was sind für Sie die drei größten Erfolge der EUJS?
Da ist zunächst die Summer University, die wir jedes Jahr organisieren. Dieses Event, zu dem Hunderte junge Juden unter 30 zusammenkommen, ist einzigartig. Des Weiteren ist da unsere Akkreditierung als beratende Organisation des UN-Menschenrechtsrates in Genf. Wir nehmen aktiv an den Sitzungen dieses Gremiums teil. Und schließlich unsere gute Einbindung ins Europäische Jugendforum, der weltgrößte Zusammenschluss von Jugendverbänden. Dort haben wir vor Kurzem erreicht, dass die Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) als verbindlich angenommen wurde – kein leichtes Unterfangen.
Wie steht es um das Verhältnis zu anderen jüdischen und nichtjüdischen Organisationen?
Man sagt in jüdischen Kreisen immer, wir seien die Verantwortungsträger von morgen. Aber wir sind doch schon jetzt in der Verantwortung, wir zeigen doch schon heute Führungsstärke, sowohl innerhalb der jüdischen Gemeinschaft als auch nach außen! Besser verzahnt mit anderen Gruppen, als die EUJS es ist, kann man nicht sein. Wir sind Teil eines Netzwerks junger Menschen. Dort verteidigen wir vor allem das, was uns Juden wichtig ist. Und das heißt, die Welt um uns herum zu verbessern. Ein konkretes Beispiel: Wir engagieren uns im Dialog mit Muslimen und im Kampf für die Rechte von Schwulen, Lesben, Bi- und Transsexuellen. Wir arbeiten eng zusammen mit dem Europarat, der EU sowie dem Europäischen Jugendforum.
Wenn Sie eine Kristallkugel hätten und 40 Jahre vorausschauen könnten – wo wird die EUJS im Jahr 2058 stehen?
Bei unserer Feier am Sonntag hat einer meiner Vorgänger flapsig gesagt, dass wir unsere Summer University bald nur noch in Finnland abhalten können, weil es anderswo wegen des Klimawandels wohl zu warm sein wird. Aber im Ernst: Ich bin fest davon überzeugt, dass es in 40 Jahren noch mehr selbstbewusste jüdische Studierende und Aktivisten in Europa geben wird, die sich nicht nur dem Antisemitismus entgegenstellen, sondern auch für den Umweltschutz eintreten.
Mit der Präsidentin der European Union of Jewish Students sprach Michael Thaidigsmann.