Griechenland

»Wir müssen genau hinsehen«

Herr Saltiel, in Griechenland sitzt seit einer Woche die rechtsnationale Partei Laos mit auf der Regierungsbank. Was bedeutet das für die jüdische Gemeinde des Landes?
Griechenland befindet sich in einer ausgesprochen schwierigen Lage. Unser Land kämpft ums wirtschaftliche Überleben. Angesichts dessen haben die beiden großen Parteien – die sozialdemokratische Pasok und die konservative Nea Dimokratia – beschlossen, eine Koalitionsregierung zu bilden. Allerdings sind wir ein wenig bestürzt darüber, dass Laos an der Regierung beteiligt ist.

Protestieren Sie dagegen?
Nein, denn diese Koalitionsregierung ist eine Notwendigkeit. Wir sind davon überzeugt, dass der neue Premierminister Lucas Papademos keinen Verfassungsbruch zulassen und den Kampf gegen Antisemitismus fortsetzen wird. Wir glauben, dass die Demokratie erhalten bleibt. Aber wir müssen die Situation genau beobachten. Wir unterstützen die neue Regierung und wünschen uns, dass wir die Schuldenkrise überstehen.

Können die Juden im Land dieser Regierung wirklich trauen?
Laos stellt nur einen sehr geringen Teil des Kabinetts, lediglich einen Minister und einen Staatssekretär. Wir müssen abwarten und genau hinsehen. Natürlich hoffen wir, dass alles reibungslos verläuft. Wir vertrauen der Persönlichkeit des neuen Ministerpräsidenten Papademos.

Führende Laos-Politiker leugnen den Holocaust, äußern sich in der Öffentlichkeit antisemitisch – und die jüdische Gemeinde im Land findet sich damit ab, dass die Rechten mitregieren?
Wir haben da nichts mitzuentscheiden. Es sind die Parteien, die beschließen, wer zur Koalitionsregierung gehören soll. Das Einzige, was wir tun können, ist, die Lage sehr genau zu beobachten. Es geht darum, Griechenland vor der wirtschaftlichen Katastrophe zu bewahren. Deshalb braucht es diese Regierung bis zu den Wahlen Anfang nächsten Jahres.

Mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Griechenland sprach Tobias Kühn.

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