Javier Milei hat viele Spitznamen: »El Loco«, den »Verrückten«, nennen ihn sogar seine Anhänger. Wegen seiner auffälligen Wuschelfrisur wird er auch »La Peluca«, »die Perücke«, gerufen. Die Haare sind allerdings echt. Er selbst präsentiert sich am liebsten als »León« - »der Löwe«.
Das ist er also, Argentiniens nächster Präsident: Ein Mann, der den Unterricht über Sexualfragen als marxistisches Komplott sieht, um die traditionelle Familie zu zerstören; der seine geklonten Doggen als seine »Kinder auf vier Pfoten« bezeichnet und die Möglichkeit in Aussicht gestellt hat, dass Menschen erlaubt werden soll, ihre eigenen, lebenswichtigen Organe zu verkaufen.
Bis vor wenigen Jahren war der heute 53-Jährige für die argentinischen Fernsehsender nicht viel mehr als ein Quotenbringer, weil er so herrlich über die viel zu hohen Staatsausgaben und die politischen Eliten ätzen konnte. Damals, und im Grunde auch bis vor wenigen Monaten, hätte kaum jemand geglaubt, dass er wirklich eine Chance haben könnte, Präsident der zweitgrößten Volkswirtschaft Südamerikas zu werden - eine klare Parallele zum politischen Aufstieg seines Vorbilds Donald Trump. Vor seiner politischen Karriere war Milei Chefvolkswirt bei Corporación America, einem der größten Konzerne Argentiniens, der unter anderem die meisten Flughäfen des Landes betreibt.
Genau wie Trump hat Milei die politischen Grundfesten seines Landes bis ins Mark erschüttert. Mit seinem Sieg bei der Stichwahl am Sonntag hat er ein System zerrüttet, in dem es bisher im Grunde nur zwei ernstzunehmende politische Parteien gab. Unter anderem punktete er mit Versprechen, die astronomisch hohe Inflation in den Griff zu bekommen und den Einfluss des Sozialismus auf die argentinische Gesellschaft aufzuhalten.
Kernstück seines Wirtschaftsplans für Argentinien ist es, die Landeswährung, den Peso, durch den US-Dollar zu ersetzen. Nur wenn die argentinische Politik daran gehindert werde, weiter Geld zu drucken, könne die Inflation erfolgreich bekämpft werden, argumentiert er. Als Teil dieses Plans soll auch die argentinische Zentralbank aufgelöst werden.
Milei bezeichnet sich selbst gerne als »Anarcho-Kapitalisten«. Seine libertäre Politik - also eine gegen einen aus seiner Sicht zu großen Einfluss des Staates gerichtete Politik - war ein komplett neuer Ansatz für viele Argentinier. Ein deutlich schlankerer Staat würde das Wirtschaftswachstum vorantreiben, verspricht er, und will deshalb unter anderem die Hälfte der Regierungsministerien abschaffen. Das passt auch zu seinen Tiraden gegen die politische Kaste Argentiniens, die er entmachten will. Vor dem ersten Wahlgang trat Milei zur Veranschaulichung seiner politischen Angriffslust mitunter mit einer heulenden Kettensäge in der Hand vor seine Anhänger.
Milei sieht sich nicht nur als Politiker der politischen Rechten, sondern auch als Krieger in einem Kulturkampf innerhalb der argentinischen Gesellschaft und darüber hinaus. Er wettert gegen Feministinnen und Abtreibungen, die er per Volksentscheid wieder kriminalisieren will. Die Verantwortung der Menschen für den Klimawandel bestreitet er und hat sich sogar mit dem aus seinem Heimatland stammenden Papst Franziskus angelegt. Der sei ein »Schwachkopf«, weil er sich für soziale Gerechtigkeit einsetze, und »Vertreter des Bösen auf Erden«, sagte Milei.
Ähnlich wie Trump, der mit dem Slogan »Make America Great Again« Erinnerungen an einen vermeintlich viel besseren Staat in der Vergangenheit heraufbeschwor, warb auch Milei für eine neue Führungsrolle seines Landes. »Argentinien wird seinen Platz in der Welt zurückerobern, den es nie hätte verlieren dürfen«, sagte er am Sonntag bei seiner Siegesrede.
Über seine Kindheit will Milei kaum reden. Er räumte aber eine schwierige Beziehung mit seinem Vater ein, der im Transportwesen arbeitete. Als er noch jünger war, spielte er in einer Rolling-Stones-Tribute-Band und war in der Jugendmannschaft des Fußballclubs Chacarita. Den Fußball gab er aber während der Hyperinflation Ende der 1980er Jahre auf und begann, Wirtschaft zu studieren.
Heute hat er nur mit seiner Schwester und Wahlkampfmanagerin Karina eine enge familiäre Beziehung. Milei bezeichnet sie gerne als »die Chefin« und Architektin seines politischen Erfolgs.
Über enge Freunde oder gar eine ernsthafte Partnerin Mileis war lange nichts bekannt. Einmal berichtete er in einem Interview über seine Erfahrungen mit Tantra und Gruppensex. Im Juli wurde eine Beziehung mit der Schauspielerin Fátima Flórez öffentlich, die mit ihren Parodien von Ex-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner bekannt wurde.
Eine besondere Beziehung hatte Milei zu seiner verstorbenen Englischen Dogge Conan. Mittlerweile hat er vier andere, die Berichten zufolge mit Conans DNA geklont wurden. Alle tragen die Namen bekannter Wirtschaftswissenschaftler.