Ukraine

Was hinter Trumps 24-Stunden-Frieden steckt

Der Chefredakteur der Kyiver jüdischen Zeitung »Hadashot« kommentiert Trumps Pläne für die Beendigung des Krieges mit Russland

von Michael Gold  07.11.2024 11:16 Uhr

Michael Gold ist Chefredakeur der ukrainisch-jüdischen Zeitung »Hadashot« Foto: privat

Der Chefredakteur der Kyiver jüdischen Zeitung »Hadashot« kommentiert Trumps Pläne für die Beendigung des Krieges mit Russland

von Michael Gold  07.11.2024 11:16 Uhr

In Anbetracht von Trumps früheren Äußerungen zur Ukraine birgt seine Wiederwahl erhebliche Risiken. Das Versprechen des 45. (und wohl 47.) US-Präsidenten, den Krieg mit Russland innerhalb von 24 Stunden zu beenden, wird weithin als versteckter Vorschlag interpretiert, die Ukraine zu territorialen Zugeständnissen zu zwingen.

Der republikanische Vizepräsidentschaftskandidat J.D. Vance vertritt als einer der führenden Kritiker der Hilfe für die Ukraine im Senat eine noch radikalere Position. In einem Kommentar zu Trumps möglichen Friedensplan sprach sich Vance für die Schaffung einer »entmilitarisierten Zone« in den von Russland besetzten Gebieten aus und verlangte, dass die Ukraine ihre Bestrebungen nach einer NATO-Mitgliedschaft aufgibt.

Vances Aussage, dass »Russland diesen Krieg beenden will«, während »die Ukraine diesen Krieg will, um Europa zu beenden«, verdeutlicht die Haltung des künftigen Vizepräsidenten. Wenn Vance ausspricht, was Trump sich noch nicht traut, offen auszusprechen, haben wir ein ernsthaftes Problem in der Ukraine.

Trumps isolationistische Haltung kommt Putin zugute

Insgesamt kommt Trumps isolationistische Haltung eindeutig Wladimir Putin zugute, der lange darauf gewartet hat, dass der Westen ihn in Ruhe lässt, um die ehemalige sowjetische Einflusssphäre wiederherzustellen. Es überrascht nicht, dass 78 Prozent der Russen Berichten zufolge Trump gegenüber Harris bevorzugen, während nur 22 Prozent sie unterstützen. Dies ist die höchste Unterstützung für Trump auf dem europäischen Kontinent, die sogar die Zustimmungswerte in Serbien und Ungarn übertrifft. Der ungarische Außenminister, ein bemerkenswerter Kritiker der Ukraine in der EU, erklärte, dass die Wahl Trumps der Ukraine Frieden bringen werde.

Kyiv, einschließlich Präsident Selenskyj, ist sich dieser Herausforderungen durchaus bewusst. Dennoch beglückwünschte Selenskyj Trump zu seinem Sieg und betonte, dass er Trumps Ansatz,»Frieden durch Stärke« zu erlangen, in den internationalen Beziehungen begrüße. Selenskyj glaubt, dass dieses Prinzip zu einem gerechten Frieden führen könnte. Er betonte in seinem Statement nach der Wahl, dass er weiterhin auf eine starke, parteiübergreifende Unterstützung der USA für die Ukraine hoffe.

Diese Unterstützung ist nun jedoch ungewiss. Trump-Anhänger (viele, wenn auch nicht alle) haben zuvor die Hilfe für die Ukraine blockiert, und die Wahlergebnisse könnten die Kontrolle in beiden Kammern des Kongresses verschieben. Die Republikaner werden zukünftig den Senat kontrollieren, und auch im Kampf ums Repräsentantenhaus liegen sie vorne. In diesem Szenario hätte der neue alte Präsident alle Möglichkeiten, den Krieg »in 24 Stunden zu beenden«, wie er wiederholt versprochen hat.

Ob die ukrainische Gesellschaft seinen Friedensplan akzeptieren wird, bleibt abzuwarten. Sollte der Plan jedoch scheitern, riskiert Trump nichts - er kann immer noch die Teilnehmer des Konflikts für das Ergebnis verantwortlich machen.

Der Autor ist Chefredakteur der Kyiver jüdischen Zeitung »Hadashot«.

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