Antisemitismus

Vor laufender Kamera

Bischof Seraphim von Piräus hat durch antisemitische und rechtsextreme Äußerungen für einen Eklat gesorgt. Bereits in der vergangenen Woche hatte sich der Metropolit in einem halbstündigen Interview mit dem größten griechischen Privatsender Mega TV antisemitisch geäußert »Zionistische Juden sind an der griechischen Finanzkrise schuld«.

Anlass war ein durch die Heilige Synode Griechenlands abgesegneter Pfarrbrief Seraphims, in dem er satanische Pläne hinter den aktuellen Entwicklungen im finanzkrisengeplagten Griechenland feststellte. Demnach sieht der Bischof die Einheit des Staates und das Seelenheil der Christen in Gefahr und beschimpfte in seiner Schrift die Mitglieder der Regierung als »erschießungswürdige Verräter« und »Marionetten, die unter der Kontrolle der Neuen Ordnung« stünden.

Entgleisung Zunächst konzentrierte sich das Fernsehinterview auf die Eingriffe des Staats in eine theologische Hochschule im Rahmen des staatlichen Sparprogramms, doch dann fragte Seraphim seine beiden Gesprächspartner: »Verneinen Sie, dass es eine weltweit operierende Verschwörung gegen die Einheit von Familien gibt? Wissen Sie nicht, wessen Werk die Scheidungen und die homosexuelle Befreiung sind?« Es sei »allgemein bekannt, dass der Zionismus hinter allem steckt. Die jüdische Lobby hatte vor Jahren beim damaligen Ministerpräsidenten Simitis die Streichung der Religionszugehörigkeit aus den Personalausweisen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen durchgesetzt.«

Dass die Nennung der Religion in griechischen Ausweispapieren das Werk der deutschen Besatzer im Zweiten Weltkrieg war, verschwieg der Seelsorger. Er berief sich vielmehr auf die Apokalypse des Johannes und brachte auch das Thema maschinenlesbarer Personalausweise in Verbindung mit der satanischen Zahl 666. Daraufhin fragte einer der beiden Interviewer provokativ: »Wenn Sie all diese extremen Thesen vertreten, warum kritisieren Sie dann Adolf Hitler?«

Untier »Adolf Hitlers Werk war ein Plan des weltweiten Zionismus und wurde von Rothschild finanziert«, antwortete der Bischof seinen verdutzten Gesprächspartnern und analysierte danach das weltweite Bankensystem als jüdisch-zionistische Weltverschwörung. Im weiteren Verlauf des Gesprächs erklärte Seraphim, er habe nichts gegen Juden, sondern nur gegen »das zionistische Untier«. Als weitere Werkzeuge des seiner Ansicht nach satanischen Zionismus identifizierte er die bereits angesprochenen Freimaurerlogen und die griechische Politik.

Die Reaktionen auf dieses Interview waren heftig: Der Präsident des Europäischen Jüdischen Kongress Moshe Kantor forderte die Absetzung des Bischofs. Am 23. Dezember protestierte der griechisch-orthodoxe Erzbischof von Amerika, Demetrios, gegen die Äußerungen seines Amtsbruders. In einer Presseerklärung verurteilte Demetrios Seraphims »untragbaren Ausdrücke, die nicht gesagt werden durften« und beklagte »die Kommentare, die problematisch sind und abgelehnt werden müssen«. Auch die griechisch-amerikanische Gesellschaft Ahepa rief Erzbischof Ieronimos von Athen und ganz Griechenland auf, den Kirchenfürsten zur Rede zu stellen.

Selbst der griechische Regierungssprecher Georgios Petalotis nahm zu dem Vorfall Stellung: Es sei zwar verfassungsrechtlich nicht Aufgabe der Regierung, kirchliche Äußerungen zu kommentieren, »aber es ist eine Verpflichtung der Regierung Hassreden, zu verurteilen, gleichgültig von welcher Seite sie kommen. Es ist untragbar, den Holocaust, das größte Verbrechen gegen die Menschheit, zu leugnen. Solche Meinungen beleidigen Griechenland. Sie beleidigen unsere Kultur und die Gesellschaft, deren untrennbarer Bestandteil die griechische jüdische Gemeinde ist.«

Ressentiments Seraphim reagierte auf die Kritik und betonte, keine Ressentiments gegen Juden zu hegen, bestand aber auf seinen Theorien hinsichtlich des Zionismus. Dieser habe die Religion der biblischen Patriarchen mittels Talmud, Kabbala und der Rabbiner in eine satanische Sekte verwandelt. Adolf Hitler sei ein Verbrecher und er würde niemals den Holocaust an Juden, Pontosgriechen und Armeniern leugnen, fügte er hinzu. Er sei sich der Opfer der nazistischen Schreckensherrschaft bewusst.

Chabad

Gruppenfoto mit 6500 Rabbinern

Tausende Rabbiner haben sich in New York zu ihrer alljährlichen Konferenz getroffen. Einer von ihnen aber fehlte

 02.12.2024

Marokko

Drahtseilakt

Das Land ist Heimat der größten jüdischen Gemeinschaft in der arabischen Welt. Wie erlebt sie die Folgen des 7. Oktober 2023?

von Ralf Balke  01.12.2024

Schweiz

Säkularisierungstrend in der Schweiz - Stabile Zahlen in der jüdischen Gemeinschaft

Die Zahl religiöser Gruppen in der Schweiz sinkt. In der jüdischen Gemeinschaft sind die Zahlen konstant

 29.11.2024

Großbritannien

Über den eigenen Tod selbst bestimmen?

Ein Gesetzentwurf soll die Sterbehilfe ermöglichen. Das führt zu Diskussionen, auch innerhalb der jüdischen Gemeinschaft

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  29.11.2024

USA

Junger Israeli in Memphis erschossen - Eltern vermuten Hassverbrechen

Die Polizei geht von Raubmord aus, doch die Eltern des Opfers vermuten ein anderes Motiv

 29.11.2024

USA

Frum auf High Heels

Die Influencerin Ellie Zeiler jettet um die Welt – neuerdings auch mit Siddur im Gepäck. Millionen verfolgen in den sozialen Medien, wie die junge Frau die Religion für sich entdeckt

von Nicole Dreyfus  28.11.2024 Aktualisiert

Mexiko

Präsidentin Sheinbaum droht Trump mit Reaktion auf Sonderzölle

In einem offenen Brief verteidigt Sheinbaum die von Mexiko betriebene Migrationspolitik

 27.11.2024

Dubai

Emirate melden Festnahmen im Mordfall eines Rabbiners

Israels Außenministerium spricht von einem antisemitischen Terrorakt

von Arne Bänsch  24.11.2024

Osteuropa

Mehr Schein als Sein

Länder wie Polen, Litauen oder Ungarn geben sich derzeit als besonders israelfreundlich und sicher für Juden

von Alexander Friedman  24.11.2024