Iran

Von Schuschan bis Teheran

Man mische Mehl, Zucker, Öl, Rosenwasser und Safran in einer Pfanne. Dann rührt man so lange unermüdlich um, bis die goldbraune Masse eindickt. Fertig ist das persische Halva, das von iranischen Juden in Teheran, Isfahan und Schiraz zu Purim gegessen wird. Hamantaschen findet man hier eher selten.

Vor etwa 2700 Jahren führte der König von Assyrien die Israeliten ins Exil auf das Gebiet des heutigen Westiran, so steht es im Tanach. Wie die kluge Esther ihr Volk später vor den Vernichtungsfantasien eines persischen Ministers rettete, feiern Juden heute weltweit an Purim. Und das auch am Ort der Geschichte: Im Westen Irans pilgern Juden an diesem Tag zur Grabstätte von Esther und ihres Ziehvaters Mordechai.

Sogar die Ruinen der antiken Stadt Schuschan könnte man heute noch besichtigen, wenn man denn nach Iran reisen dürfte. In der Hauptsynagoge von Teheran wird derweil aus der Megilla gelesen. Und sogar Wein darf in den Gemeinden ausgeschenkt werden, obwohl Alkohol im Rest des Landes streng verboten ist.

Auf den Straßen wurde zum Mord an Juden aufgerufen

Zwischen dem Kaspischen Meer und dem Persischen Golf erfuhren Juden über die Jahrhunderte mal relative Freiheit, mal harte Unterdrückung. Zum Zeitpunkt der Staatsgründung Israels lebten etwa 150.000 Juden im Iran. Unter dem Schah wurde Israel bereits 1950 anerkannt. Die Länder knüpften wirtschaftliche und militärstrategische Beziehungen. EL AL eröffnete ein Büro in Teheran. Ein Drittel aller iranischen Juden machte so Alija. Die meisten aber blieben, bis die Islamische Revolution 1979 den Schah stürzte und Ayatollah Khomeini Israel zum Feind erklärte. Auf den Straßen wurde zum Mord an Juden aufgerufen.

Zwar traf der Ayatollah sich mit der jüdischen Gemeinde und versprach, die persischen Juden, die keine »gottlosen Zionisten« seien, in seinem Staat zu schützen. Doch spätestens nach der Hinrichtung von Juden, unter ihnen ein prominentes Gemeindemitglied, packten die meisten in Todesangst ihre Koffer.

Bis 1979 flog EL AL direkt von Tel Aviv nach Teheran.

Heute leben noch, je nach Statistik, mindestens 8000 bis 15.000 Juden im Iran – die größte jüdische Gemeinde in der muslimischen Diaspora. Solange sie Israel ablehnen, und auch sonst nicht in Opposition zum Regime treten, können iranische Juden ihre Religion weitgehend ausleben. Der Oberrabbiner von Teheran sagte 2022 in einem Interview mit »Israel National News«, dass es mehrere Jeschiwot im Land gebe, koschere Restaurants und eine Hebräischschule für Jungen. Viele muslimische Iraner lassen sich im jüdischen Krankenhaus behandeln.

Realität ist aber auch, dass Juden im Iran massiv diskriminiert und angefeindet werden. Sie stehen unter ständigem Spionageverdacht: Kontakte zu Verwandten in Israel sind unmöglich. Nach dem 7. Oktober 2023 hat sich die Situation weiter verschärft: Der einzige jüdische Parlamentarier flehte in einem Brief an die Regierung, die Gemeinschaft zu schützen. Kurz nach dem Massaker der vom Iran finanzierten Hamas wurden die Gräber von Esther und Mordechai geschändet.

Gerichtsurteil

Haftstrafen für Gewalt gegen Israelis in Amsterdam

In digitalen Chat-Gruppen war der Anklage zufolge zu einer »Jagd auf Juden« aufgerufen worden

 24.12.2024

Kanada

Jüdische Mädchenschule in Toronto zum dritten Mal beschossen

Auch im vermeintlich sicheren Kanada haben die antisemitischen Angriffe extrem zugenommen - und richten sich sogar gegen Kinder

 23.12.2024

Bulgarien

Kurzer Prozess in Sofia

Der jüdische Abgeordnete Daniel Lorer wurde von seiner Partei ausgeschlossen, weil er nicht zusammen mit Rechtsextremisten stimmen wollte

von Michael Thaidigsmann  23.12.2024

Großbritannien

Gerechtigkeit und jüdische Werte

Sarah Sackman wurde als frisch gewählte Abgeordnete zur Justiz-Staatsministerin ernannt

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  23.12.2024

Spanien

Tod in den Bergen

Isak Andic, Gründer der Modekette Mango und Spross einer sefardischen Familie aus der Türkei, kam bei einem Familienausflug ums Leben

von Michael Thaidigsmann  23.12.2024

Australien

»Juden raus«-Rufe vor Parlament in Melbourne

Rechtsextremisten haben vor dem Regionalparlament in Melbourne antisemitische Parolen skandiert

 23.12.2024

Guatemala

Rund 160 Kinder vor ultraorthodoxer Sekte gerettet

Laut Behördenangaben wurden auf dem Gelände von »Lev Tahor« mutmaßliche sterbliche Überreste eines Kindes gefunden

 22.12.2024

Analyse

Putins antisemitische Fantasien

Der russische Präsident ist enttäuscht von der jüdischen Diaspora im Westen und von Israel

von Alexander Friedman  22.12.2024

Diplomatie

Israel und Irland: Das Tischtuch ist zerschnitten

Politiker beider Länder überhäufen sich mit Vorwürfen. Wie konnte es so weit kommen?

von Michael Thaidigsmann  18.12.2024