Diese Woche feiert die Wiener Zwi Perez Chajes Schule (ZPC) ihr 30-jähriges Bestehen nach dem Krieg – und zwar gebührend: Geplant ist ein Tag der Offenen Tür mit großem Festakt, die Eröffnung eines schuleigenen Geschichtsmuseums und eine Jubiläumsparty.
Die Geschichte der Schule liegt länger zurück: 1919 eröffnete Wiens damaliger Oberrabbiner Zwi Perez Chajes ein jüdisches Privatrealgymnasium – für Jungen und Mädchen. Schnell erlangte die Schule Öffentlichkeitsrecht und einen guten Ruf, doch 1939 setzten ihr die Nazis ein Ende.
In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg war es schlecht um jüdische Infrastruktur in Wien bestellt. Erst 1976 konnte dank des Engagements junger Familien erstmals wieder ein jüdischer Kindergarten eröffnet werden. 1980 folgte eine Volksschule, die österreichische Form der Grundschule.
1984 gelang schließlich die Wiedergründung des Realgymnasiums und die Zusammenlegung mit Kindergarten und Volksschule – und das mit solchem Erfolg, dass der Standort in der Castellezgasse im 2. Bezirk schon bald heillos überlastet war. Es folgten Ausbauten, Anbauten und schließlich sogar Baucontainer im Garten. Also begannen Planung und Bau eines neuen, größeren und moderneren Standorts. Mit Unterstützung von Bund, Stadt und privaten Spendern konnte die Israelitische Kultusgemeinde das Projekt 2008 schließlich fertigstellen.
Musikschule Der heutige ZPC-Campus erstreckt sich am rechten Donauufer des 2. Bezirks. Unter einem Dach befinden sich Kindergarten, Volksschule, Hort und Realgymnasium. Hier gehen derzeit fast 500 Kinder ein und aus. Aber auch andere jüdische Institutionen sind auf dem Campus untergebracht: das Senioren- und Pflegeheim Maimonides-Zentrum, eine Musikschule und der Sportklub Hakoah.
Das gemeinschaftliche Konzept ist eine der Besonderheiten der Schule. Es besteht eine enge Kooperation mit der benachbarten Musikschule, die Infrastruktur der Hakoah wird für den Sportunterricht genutzt. Besonders eng ist aber die Zusammenarbeit mit dem Maimonides-Zentrum: Das koschere Mittagessen der Schule kommt aus dem Seniorenheim, es gibt eine gemeinsame Synagoge und viele generationsübergreifende Projekte. »Unseren Kindern gibt das unglaublich viel, und ich bin überzeugt, dass es auch für die älteren Menschen sehr wichtig ist«, sagt Natalie Neubauer, Vorstandsvorsitzende des Schulvereins.
Die ZPC ist eine Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht. Für den Besuch ist die IKG-Mitgliedschaft Voraussetzung, jeden Monat ist Schulgeld zu bezahlen. »Uns ist aber wichtig, dass jedes jüdische Kind die Möglichkeit hat, die Schule zu besuchen«, betont ZPC-Geschäftsführer Daniel Brandel. Wer sozial bedürftig ist, kann die Behörden oder die Gemeinde um Unterstützung bitten.
Lehrplan Der Unterricht erfolgt nach staatlichem Lehrplan. Zusätzlich ist der Stundenplan um drei bis fünf Wochenstunden Hebräisch erweitert. Es wird als erste Fremdsprache unterrichtet und ist Abitur-Pflichtfach. Neben dem Religionsunterricht, der bereits im Kindergarten beginnt, wird im Gymnasium auch jüdische Geschichte unterrichtet. »Den Kindern soll solides jüdisches Wissen, vor allem aber eine jüdische Identität mitgegeben werden«, sagt Brandel.
Die größte Herausforderung im Schulalltag seien die unterschiedlichen Voraussetzungen und Hintergründe der Schüler. »Den Spagat zwischen Bildungsbürgertum und mangelnden Deutschkenntnissen machen wir täglich«, erzählt Neubauer. Da man die Kinder aber meist schon von klein auf kenne, ließen sich individuelle Fördermaßnahmen früh ergreifen und durch die gesamte Schulzeit hindurch planen.
Das Konzept scheint aufzugehen, wie die Lebensgeschichten der früheren Abiturienten zeigen. Die Schule wächst indes kontinuierlich weiter. Auf die Frage, wo er seine Schule in der Zukunft sieht, antwortet Brandel lachend: »In zehn Jahren koordinieren wir den Ausbau.«