Panama

Vom Hechscher profitieren beide

In der Altstadt von Panama Foto: Getty Images

Das Café »La Bonbonaire« hat es und auch das Restaurant »Israel« in Coco del Mar. Außerdem die Taco-Bar im panamaischen Marbella und 30 weitere Gastronomiebetriebe sowie drei große jüdische Supermärkte in der panamaischen Hauptstadt: In allen hängt ein Koscherzertifikat.

Die Nachfrage nach Waren mit Kaschrutsiegel (Hechscher) steigt kontinuierlich, berichtet Rabbiner David Perets von der Sinagoga Shevet Ahim. Die Zahl der Juden auf dem Isthmus von Panama hat sich in den vergangenen Jahren auf mehr als 20.000 fast verdoppelt. »Die große Steigerung kommt vor allem durch die vielen venezolanischen Juden, die nach Mittelamerika ausgewandert sind«, sagt der Rabbiner der größten Synagoge in Panama-Stadt. Sie würden vor der zunehmenden Verarmung, der Gewalt und der politischen Repression aus Venezuela fliehen.

Import Das Angebot an koscheren Lebensmitteln ist zwar groß, doch es deckt nach wie vor nicht die Wünsche der Kunden, denn importierte koschere Produkte reißen Löcher in die Geldbeutel der Verbraucher. Die meisten großen Supermärkte in Panama-Stadt haben inzwischen koschere Waren ins Sortiment aufgenommen, aber auch lokale Anbieter drängen auf den Markt, weil sie sich mit einem Koscher­zertifikat zusätzliche Absatzmöglichkeiten versprechen.

Vor einigen Monaten hat das Indus­trie- und Handelsministerium (MICI) gemeinsam mit der jüdischen Gemeinde eine Initiative gestartet, um vor allem lokalen Produzenten den Zugang zur Kaschrutzertifizierung und damit zur wachsenden jüdischen Kundschaft zu eröffnen. Man wolle das einheimische Angebot verbessern, sagte Jairo Valdés, Leiter der Abteilung für Wettbewerbsfähigkeit im MICI.

Export Perspektivisch schaut man aber auch auf den europäischen und nordamerikanischen Markt. Valdés hofft, dass panamaische Unternehmen mit koscheren und Halal-Produkten auch Absatzmöglichkei­ten im Ausland finden. »Der Konsum dieser Produkte gewinnt weltweit immer mehr an Bedeutung«, sagt er.

Der Geschäftsführer der Shevet-Ahim-Gemeinde, Ezra Cohen, sieht in der ge­meinsamen Initiative des Ministeriums und der jüdischen Gemeinde große Vorteile für beide Seiten. Einerseits würden der Lebensmittelindustrie des Landes die Möglichkeiten einer Koscher-Zertifizierung und das Prozedere bekannt gemacht. Andererseits erspare es den Gemeindemitgliedern sowie dem Groß- und Einzelhandel in Panama die hohen Einfuhrpreise von Erzeugnissen aus dem Ausland, wenn es mehr koschere Produkte aus Panama gibt.

Im Rahmen der Zusammenarbeit von Handelsministerium und Ge­meinde sollen demnächst Beratungsstellen geschaffen werden. Diese informieren interessierte Hersteller über die Zubereitung koscherer Lebensmittel und darüber, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, um einen Koscherstempel zu erhalten.

nachfrage Rabbiner Perets begrüßt die Initiative. Sie stärke den Handel und fördere die panamaische Export- und Importwirtschaft, sagt er. »Unsere Gemeinschaft wächst und damit auch die Nachfrage nach koscheren Lebens- und Genussmitteln.«

Neue Perspektiven für die jüdischen Gemeindemitglieder und deren Versorgung sieht auch der Präsident der jüdischen Dachorganisation des Landes, Isaac Btesh. Er betont, dass Juden seit dem 15. Jahrhundert in Panama leben. Aber im Gegensatz zu Lateinamerikas mehrheitlich aschkenasischer Bevölkerung seien 85 Prozent der Juden in Panama Sefarden, betont er. »Wir leben ohne Probleme hier und sind stolz auf unsere Heimat«, sagt er. »Wir fühlen uns panamaisch und identifizieren uns mit diesem Land.«

Nachruf

Die Frau, die den Verschlüsselungscode der Nazis knackte

Im Zweiten Weltkrieg knackten die Briten in Bletchley Park den Verschlüsselungscode der Nazis. Eine der Frauen, die beim Entziffern feindlicher Nachrichten half, war Charlotte »Betty« Webb

von Julia Kilian  01.04.2025

Todestag

Wenn Worte überleben - Vor 80 Jahren starb Anne Frank

Gesicht der Schoa, berühmteste Tagebuch-Schreiberin der Welt und zugleich eine Teenagerin mit alterstypischen Sorgen: Die Geschichte der Anne Frank geht noch heute Menschen weltweit unter die Haut

von Michael Grau, Michaela Hütig  31.03.2025

Interview

»Es ist sehr kurz vor zu spät«

Für eine »Restabilisierung« der Gesellschaft und die Verteidigung der Demokratie bleiben höchstens fünf Jahre Zeit, warnt Michel Friedman

von Steffen Grimberg  28.03.2025

Imanuels Interpreten (7)

Peter Herbolzheimer: Der Bigband-Held

Der jüdische Posaunist, Komponist, Arrangeur, Bandleader und Produzent rettete Bigbands, gründete seine eigene und wurde Jazz-Rock-Pionier

von Imanuel Marcus  27.03.2025

Irak/Iran

Die vergessene Geisel

Seit zwei Jahren befindet sich Elizabeth Tsurkov in der Gewalt einer pro-iranischen Terrormiliz. Nun sorgt Druck aus Washington für Bewegung

von Sophie Albers Ben Chamo  24.03.2025

Schweiz

Trauer um eine »Macherin«

Die Zürcher Verlegerin und Mäzenin Ellen Ringier ist im Alter von 73 Jahren verstorben. Ein Nachruf

von Peter Bollag  24.03.2025

New York

Von Gera nach New York

Der Journalist Max Frankel, früherer Chefredakteur der New York Times, ist tot. Er wurde 94 Jahre alt

 24.03.2025

New York

Für immer Carrie: Sarah Jessica Parker wird 60

Als Sex-Kolumnistin Carrie Bradshaw in »Sex and the City« wurde Sarah Jessica Parker zum Weltstar. Jetzt feiert »SJP« ihren runden Geburtstag

von Christina Horsten  24.03.2025

Orléans

Rabbiner geschlagen und gebissen

Der Täter flieht, wenig später wird ein junger Verdächtiger festgenommen – Präsident Macron verurteilt Angriff auf Rabbiner

 23.03.2025 Aktualisiert