Papst Franziskus hat erstmals seit seiner Wahl zum Kirchenoberhaupt ein jüdisches Bethaus besucht. In der Großen Synagoge von Rom würdigte er am Sonntag Fortschritte im Versöhnungsprozess zwischen Juden und Katholiken. »Von Feinden und Fremden sind wir zu Freunden und Brüdern geworden«, sagte er.
Willkommen Roms Oberrabbiner Riccardo Di Segni begrüßte den Papst mit den Worten: »Willkommen, Papst Franziskus!« Die jüdische Gemeinde bereitete dem Kirchenoberhaupt einen begeisterten Empfang mit wiederholten Rufen »Viva Papa Francesco!« (Es lebe Papst Franziskus).
Bei der Begegnung traf Franziskus auch den Holocaust-Überlebenden Piero Terracina. Dieser war gemeinsam mit rund 1000 weiteren römischen Juden am 16. Oktober 1943 nach Auschwitz deportiert worden. »Sechs Millionen Menschen wurden damals zu Opfern der unmenschlichsten Barbarei«, sagte der Papst. Die Leiden und Tränen der Deportierten dürften nie vergessen werden. »Die Schoa lehrt uns, das man immer sehr wachsam sein muss, um die menschliche Würde und den Frieden zu verteidigen«, betonte der Papst. Zuvor hatte er vor dem Gedenkstein für die römischen Holocaust-Opfer und vor dem Bild eines zweijährigen jüdischen Jungen, der 1982 bei einem Attentat vor der Synagoge getötet wurde, Blumen niedergelegt.
Kontinuität Die Präsidentin der jüdischen Gemeinde Roms, Ruth Dureghello, erinnerte bei der Begegnung daran, dass Franziskus die Synagoge im Zeichen der Kontinuität als dritter Papst nach Johannes Paul II. und Benedikt XVI. besuche. »Das heutige Treffen zeigt, dass die Begegnung zwischen den großen Religionen möglich ist«, erklärte sie. Franziskus hatte bereits in seiner Zeit als Erzbischof von Buenos Aires enge Kontakte zum Judentum gepflegt.
Nach seiner Wahl zum Papst im März 2013 hatte Franziskus in einem Brief an Oberrabbiner Riccardo Di Segni die Hoffnung geäußert, dass er zum Fortschritt betragen könne, »den die Beziehungen zwischen Juden und Katholiken seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil erleben«.
Interview Oberrabbiner Di Segni hatte den Besuch des Papstes im Vorfeld als »Zeichen der Freundschaft« gewürdigt. In einem Interview mit der Jüdischen Allgemeinen sagte er, im Vordergrund stünden Gemeinsamkeiten und nicht Unstimmigkeiten. Angesichts von Hass und Gewalt, die mit Religion gerechtfertigt würden, gehe von dem Besuch eine gegenläufige Botschaft aus. epd/ja
Mehr dazu in der nächsten Printausgabe am Donnerstag, 21. Januar.