Am 14. September empfängt das Jüdische Museum im Zentrum von Brüssel nach viermonatiger Pause erstmals wieder Besucher. Auf der Website wird die »starke symbolische Dimension« des Datums hervorgehoben: Just am Europäischen Tag der jüdischen Kultur nehme man seinen Platz in der kulturellen Welt wieder ein. Am 24. Mai waren bei einem Terroranschlag zwei Museumsbesucher sowie zwei Mitarbeiter erschossen worden.
Schon im kommenden Jahr wird das Museum eine weitere, diesmal deutlich längere Pause einlegen: Ende 2015 soll das Gebäude abgerissen und im Laufe der folgenden zwei Jahre neu aufgebaut werden. Das erklärte kürzlich Museumsdirektor Philippe Blondin. Das belgische Architektenbüro Matador, ADN und Archiscénographie hat die internationale Ausschreibung des Projekts gewonnen.
neubau Der Terroranschlag Ende Mai ist nicht der Auslöser der Neubaupläne. »Das hat damit wirklich nichts zu tun«, sagte Konservatorin Zahava Seewald der Jüdischen Allgemeinen. »Dieser Schritt war schon lange vorgesehen.« Laut Seewald ist das Gebäude nicht als Museum geeignet und soll deshalb völlig neu errichtet werden. Die belgische Zeitung Het Laatste Nieuws zitierte Direktor Blondin, das Gebäude sei schlicht zu alt. Wann genau mit einer Wiedereröffnung zu rechnen ist, können beide noch nicht sagen. Als vorläufigen Termin peilt man das Jahr 2017 an. Fest steht, dass im Neubau höhere Sicherheitsstandards herrschen sollen als im alten Gebäude.
Vor dem Abriss muss allerdings noch eine Rekonstruktion des Tathergangs mit dem Verdächtigen Mehdi Nemmouche (29) stattfinden. Der Franko-Algerier sitzt zurzeit in Brügge im Gefängnis und verweigert die Aussage. Im Juli wurde er von Frankreich an Belgien ausgeliefert.
Islamischer Staat Ein französischer Journalist, der im Sommer 2013 von Islamisten in Syrien entführt worden war, hat Nemmouche inzwischen als einen seiner Kidnapper identifiziert. Er und seine drei Mitgefangenen hätten ihn auf Fotografien wiedererkannt, schrieb der Journalist Nicolas Hénin am Samstag im französischen Magazin »Le Point«. Nemmouche, der mehr als ein Jahr lang in Syrien kämpfte, sei von Juli bis Dezember 2013 einer seiner Bewacher gewesen. Er habe zu einer kleinen Gruppe französischsprachiger Mitglieder des Islamischen Staats (IS) gehört und sei »angsteinflößend und gewalttätig« gewesen, schreibt Hénin: Wenn Nemmouche nicht gerade sang, habe er gefoltert.
Am Montag berichtete die französische Zeitung »Liberation«, dass Nemmouche am 14. Juli auf den Champs-Élysées in Paris einen großen Anschlag verüben wollte. Terrorexperten sind alarmiert: Die mutmaßliche Mordtat von Nemmouche in Brüssel gilt als der erste erfolgreiche Anschlag in Europa, der von einem Syrien-Heimkehrer verübt worden sein könnte.