Zehn Fraktionen stellen sich ab 1. November der Wahl des Vorstands der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien. Letzter Wahltag ist der 11. November. Rund 5400 Mitglieder sind wahlberechtigt, drei neue Parteien gehen diesmal an den Start: die Liste »Chaj – Jüdisches Leben« des Psychoanalytikers Martin Engelberg und die »Initiative Respekt«, mitbegründet von der Unternehmerin Patricia Kahane und angeführt von der Journalistin Sonia Feiger. Sie machten im Wahlkampf vor allem Stimmung gegen die aktuelle IKG-Führung, die als Gruppe »Atid« antritt.
kaukasier Neu ist auch der »Verein Kaukasischer Juden«. Er gehört zu jenen Fraktionen, die Zuwanderergruppen aus der ehemaligen Sowjetunion vertreten. Dies sind außerdem »Sefardim – Bucharische Liste« und der »Verein Georgischer Juden«. Beide bestehen seit etlichen Jahren.
24 Mandate gilt es zu verteilen. Bisher stellte Atid mit zehn Sitzen die Mehrheit und mit Oskar Deutsch den Präsidenten. Zweitstärkste Fraktion waren die Bucharen mit fünf Sitzen. Die bereits seit Jahrzehnten aktiven religiösen Parteien »Misrachi«, »Khal Israel« und »Block der religiösen Juden« sind bisher mit insgesamt vier Sitzen im Gemeindeparlament und auch diesmal bei den Wahlen wieder mit am Start.
Tradition ganz anderer Art vertritt der »Bund sozialdemokratischer Juden – Avoda«. Er war in Wien bereits vor 1938 aktiv und führte in den Nachkriegsjahrzehnten lange die Wiener IKG. Bei der letzten Wahl erlangte er nur noch zwei Mandate.
kassensturz Atid stellte im Wahlkampf das Erreichte in den Mittelpunkt: den Ausbau der Infrastruktur. Chaj tritt für eine Neuordnung der Prioritäten ein: Keine neuen Bauprojekte, sondern die bestehenden Einrichtungen sollen mit Leben gefüllt werden. Vor allem aber fordert Engelberg einen Kassensturz. »Seit Jahren ist es nicht möglich, eine verlässliche Auskunft zu bekommen, wie die Finanzen der IKG wirklich aussehen«, kritisiert er. Und Feiger plädiert vor allem für eine Neuordnung der mehr als 50 Jahre alten Strukturen der Gemeinde.
Ein den Wahlkampf beherrschendes Thema war die Vorwegnahme von künftigen Koalitionen im Kultusvorstand. Wechselseitig beschuldigten sich vor allem Atid und Chaj des »Stimmenkaufs« – in Form von Zusagen über Subventionen aus dem künftigen IKG-Budget. Tatsächlich haben sich Atid und die Bucharen bereits im Vorfeld der Wahl über die Fortsetzung ihrer bisherigen Koalition geeinigt.