Gegen deutsche, italienische, französische und Schweizer Versicherungen in den USA könnten womöglich bald wieder Entschädigungsforderungen erhoben werden: Die Abgeordnete Ileana Ros-Lehtinen aus Florida hat einen entsprechenden Gesetzentwurf ins Repräsentantenhaus eingebracht. Sie folgt den Bitten von Holocaust-Überlebenden, darunter David Schaecter, Präsident der Holocaust Survivors Foundation. Die Gruppe will eine Vereinbarung über 500 Millionen Dollar zwischen den USA und Deutschland wieder aufheben. Sie fordern stattdessen 20 Milliarden Dollar.
Nicht nur Deutschland, auch Washington hat sich dagegen ausgesprochen, unterstützt vom Supreme Court. Und auch jüdische Organisationen wie B’nai B’rith, das American Jewish Committee oder die Anti-Defamation League unterstützen die Initiative nicht. Sie fürchten, dass dann nicht nur diese Vereinbarung kippt, sondern auch andere. Die Überlebenden wiederum haben diese Organisationen in ganzseitigen Zeitungsanzeigen beschuldigt, die Erinnerung an den Holocaust zu »entehren«.
Policen Der Streit richtet sich vor allem gegen die Allianz und die Generali, die Lebensversicherungspolicen von Holocaustopfern nicht ausbezahlt haben. Nach langem Streit wurde 1998 in Washington die International Commission of Holocaust Era Insurance Claims gegründet, unter dem Vorsitz von Laurence Eagleburger, dem früheren, mittlerweile verstorbenen US-Außenminister. Die Kommission reiste durch die Welt und gab bereits in ihren ersten Jahren mehr als 60 Millionen Dollar aus. Allein Eagleburger erhielt ein Jahresgehalt von 300.000 Dollar. 2000 wurde eine Vereinbarung zwischen den USA und der Bundesregierung geschlossen und ein Fonds von 500 Millionen Dollar eingerichtet: 300 Millionen Dollar für Opfer, die Versicherungsleistungen nachweisen konnten, und 200 Millionen für Härtefälle. Dafür verzichteten die Kläger auf den weiteren Gerichtsweg.
Die Kommission stellte 2006 die Arbeit ein. Nach ihrem Abschlussbericht haben die Versicherungen 300 Millionen Dollar an 48.000 Holocaust-Überlebende bezahlt, davon 61 Millionen an Härtefälle ohne Dokumente. Schaecter sagt, es gebe noch viele Betroffene, die kein Geld erhalten hätten. Sie müssten nun klagen dürfen. Er fordert, dass alle Namen von Versicherten offengelegt werden und dass sie Zugang zu allen Dokumenten bekommen. In den USA gibt es rund 100.000 Holocaust-Überlebende, viele davon sind arm.