Weißrussland

Verschwörung in Belarus

Blick auf die Hauptstadt Minsk Foto: imago images/Ryhor Bruyeu

Vor zwei Wochen stürmte die belarussische Staatssicherheit KGB eine Plattenbauwohnung im Westen der Hauptstadt Minsk. Es kam zu einer Schießerei, die zwei junge Männer das Leben kostete. Die Staatspropaganda verbreitete ein fragwürdiges, vom KGB geschnittenes Video: Der 32-jährige Bewohner, der IT-Fachmann Andrei Zeltser, wird als »Mörder« und »Terrorist« bezeichnet, der den 31-jährigen KGB-Leutnant Dmitrij Fedosjuk tödlich verletzt haben soll. Letzterer gilt als »Held« und »Patriot«, der den Täter getötet und somit seinen Kollegen das Leben gerettet haben soll.

Der Vorfall polarisiert die ohnehin tief gespaltene belarussische Gesellschaft. Experten sprechen von einem Bürgerkrieg: Die Gegner von Staatschef Alexander Lukaschenko feiern Zeltser, während die Staatspropaganda gegen die demokratische Protestbewegung hetzt und Rache fordert. Mehr als 200 Personen, die den Zwischenfall im Internet kommentiert haben, wurden inzwischen festgenommen. Das Staatsfernsehen verbreitet »Reuevideos«, in denen diese Menschen – wohl unter Folter – sich selbst geißeln und für ihre Kommentare um Entschuldigung bitten.

presse Die internationale Presse hat den Fall Zeltser aufgegriffen, einzelne israelische Medien heben die jüdische Herkunft des getöteten IT-Fachmanns hervor. Zeltsers Bekannte in Israel, die namentlich nicht genannt werden möchten, bestätigen in privaten Gesprächen seine jüdische Herkunft. Offiziell ist darüber jedoch nichts bekannt.

Während Lukaschenkos Kritiker dieses brisante Thema eher ausklammern, nutzt das Regime die Gelegenheit: Staatsnahe belarussische und russische Medien stellen Zeltser, der für das amerikanische Unternehmen EPAM gearbeitet hat, als US-Bürger und CIA-Agent dar. Lukaschenkos Lieblingsmoderator Grigorij Asarjonok verwendet für Zeltser die antisemitische Chiffre »Kosmopolit«.

Die Angelegenheit verdeutlicht die judenfeindliche Strategie des Lukaschenko-Regimes.

Der Staatschef selbst buchstabiert mit tiefem Abscheu den jüdisch anmutenden Nachnamen Zeltser und betont die belarussische Herkunft der KGB-Männer, die die Wohnung stürmten. Die Botschaft ist klar: Zeltser wird als »jüdischer Täter« konstruiert.

kampagne Die Angelegenheit verdeutlicht die judenfeindliche Strategie des Lukaschenko-Regimes: Es werden antisemitische Botschaften verbreitet, die bei Lukaschenkos Anhängern gut ankommen. Vor einer offen antisemitischen Kampagne schrecken die Machthaber jedoch noch zurück.

Um die bereits früher von Israels Regierung erhobenen Antisemitismusvorwürfe gegen Lukaschen­ko zu kontern, preist die belarussische Propaganda die hemmungslose Ausschaltung von Gegnern weltweit und würdigt sie als vermeintlich israelische Methode. Die Rolle des »guten Alibi-Juden« bekleidet der einstige Chef der israelischen Organisation Nativ, Yaakov Kedmi, der seit Jahren im russischen Staatsfernsehen auftaucht und sich als Anhänger von Lukaschenko profiliert.

Kalifornien

»Es ist okay, nicht okay zu sein«

Wie die jüdische Gemeinschaft in Los Angeles mit den verheerenden Bränden umgeht – ein Zeugenbericht

von Jessica Donath  13.01.2025

Essay

Ritt ins Verderben

Gedanken eines österreichischen Juden zu einer möglichen Kanzlerschaft des Rechtsextremisten Herbert Kickl

von Vladimir Vertlib  12.01.2025 Aktualisiert

Frankreich

Zuflucht vor Mobbing

Weil die Zahl antisemitischer Vorfälle dramatisch steigt, nehmen immer mehr jüdische Eltern ihre Kinder von öffentlichen Schulen und schicken sie auf private. Eine Erkundung in Paris

von Florian Kappelsberger  12.01.2025

Polen

Duda würde Netanjahu nicht verhaften lassen

Am 27. Januar jährt sich die Befreiung von Auschwitz zum 80. Mal. Kommt der israelische Ministerpräsident trotz eines Haftbefehls gegen ihn?

 09.01.2025

Kalifornien

Synagoge fällt Feuern von Los Angeles zum Opfer

Die riesigen Brände gefährden auch jüdische Einrichtungen

 08.01.2025

USA

Welcome to Jiddishland

Nirgendwo sprechen so viele Menschen Jiddisch wie in New York. Und es werden immer mehr. Die Mameloschen hat die Grenzen der chassidischen Communitys längst überschritten

von Jörn Pissowotzki  08.01.2025

Social Media

Elon Musk hetzt wieder gegen George Soros

Der Berater des designierten US-Präsidenten Donald Trump bedient sich dabei erneut der Figur des Magneto aus dem Marvel-Universum

von Ralf Balke  08.01.2025

Interview

»Die FPÖ gilt als Prototyp des Rechtspopulismus«

Demokratieforscher Simon Franzmann über den Rechtsruck in Österreich

von Michael Grau und Daniel Behrendt  08.01.2025

Meinung

Der Neofaschist Herbert Kickl ist eine Gefahr für Österreich

In der FPÖ jagt ein antisemitischer »Einzelfall« den anderen, ihr Obmann will die liberale Demokratie abschaffen und könnte schon bald Kanzler sein

von Bini Guttmann  08.01.2025