Südafrika

Verlorene Stämme

Synagoge der Abayudaya in Uganda Foto: dpa

Juden mit schwarzer Hautfarbe – in Afrika, wo jahrhundertelang christliche und muslimische Missionare wirkten, bleiben sie bis heute eine Minderheit. Nicht selten begegnet man ihnen distanziert. Eine Konferenz an der südafrikanischen Universität von KwaZulu-Natal lud kürzlich Wissenschaftler aus Afrika, Israel, Europa und den USA nach Durban, um das Interesse an dieser Gruppe zu wecken, die quer über den Kontinent verstreut lebt.

Edith Bruder, Gründerin der Gesellschaft für afrikanisches Judentum, erhoffte sich nicht nur die Aufmerksamkeit des Westens, sondern auch das gegenseitige Kennenlernen jüdischer Gemeinden. Die Anthropologin Shalva Weil, die seit mehr als 30 Jahren jüdische Gemeinschaften in Äthiopien erforscht, wertete das Treffen als Erfolg. Im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen sagte sie: »Zum ersten Mal waren Juden aus Afrika miteinander verbunden. Erstaunlich, wie schnell ein Dialog entstand.« Bereits am zweiten Tag habe sie ein Gefühl der Zusammengehörigkeit gespürt.

Herkunft Anders als in Europa teilen Juden in Afrika keine gemeinsame Geschichte. Ihre Riten, Feiertage und selbst ihr religiöser Alltag unterscheiden sich oft grundlegend. Mehrere Tausend Kilometer trennen die Igbo in Nigeria, die Lemba in Südafrika und die Abayudaya (»Kinder von Juda«) in Uganda. Zwischen ihren Kulturen liegen Welten. Dennoch berufen sich ihre Vertreter alle auf eine gemeinsame Herkunft: Sie seien keine Juden, aber Israeliten, verlorene Stämme Israels.

Jüdische Fundamentalisten in Simbabwe behaupten gar, alle schwarzen Bantu-Völker hätten ihren Ursprung im altisraelitischen Reich. Der Staat Israel weigert sich jedoch, die afrikanischen Stämme als Juden anzuerkennen.

Alle bis auf einen: Beta Israel, die äthiopischen Juden. Sie genießen die volle Unterstützung der Jerusalemer Regierung. Der frühere sefardische Oberrabbiner Ovadja Josef erklärte Beta Israel, die Falascha, 1975 zu Nachkommen des verlorenen Stammes Dan. 1984 und 1991 startete Israel zwei groß angelegte Rettungsaktionen, um diese Juden nach Israel zu holen.

Existenz Afrikas sogenannte moderne Juden sind dem israelischen Oberrabbinat allerdings ein Dorn im Auge. Mit dieser Gruppe sind nicht jene gemeint, die vor dem Zweiten Weltkrieg aus Europa nach Südafrika auswanderten und sich hier eine neue Existenz aufbauten. »Moderne Juden« leben in abgekapselten Gemeinden in ganz Afrika und haben das Judentum erst im vergangenen Jahrhundert für sich entdeckt.

In Uganda scharte ein Soldat um 1920 eine Gemeinde um sich und gründete eine Sekte mit jüdischen Elementen. Es entstanden Religionsschulen, an die auch Juden aus Kenia ihre Kinder schickten. Nach eigenen Angaben seien die Vorfahren der Gemeindemitglieder bei der spanischen Reconquista vertrieben worden, historische Beweise fehlen allerdings. Ein Teil der sozialen Gruppe der Tutsi behauptet, als Juden eine auserwählte »Rasse« zu sein. Das dürfte den Konflikt in dem vom Völkermord gezeichneten Ruanda noch mehr anheizen.

Ob das Treffen in Durban tatsächlich zustande kommen würde, war bis zuletzt unsicher, denn in letzter Zeit wurden mehrere Vorlesungen israelischer Wissenschaftler und Diplomaten abgesagt. Seit Längerem leiden die Beziehungen zwischen Südafrika und Israel. Im Sommer sorgte eine jüdische Journalistin aus Kapstadt für Aufsehen, die ihr Judentum, wie sie sagte, wegen Israels »gewalttätiger ethnischer Repression« demonstrativ aufgeben wollte. Kurz vorher hatte Südafrikas stellvertretender Minister für internationale Zusammenarbeit, Ebrahim Ebrahim, davon abgeraten, Israel zu besuchen.

Medienbericht

Katar soll mutmaßliches Missbrauchsopfer von Karim Khan ausspioniert haben

Das Emirat scheint sich in den Skandal um den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs eingemischt zu haben, wie Recherchen nun zeigen

 07.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  07.11.2025 Aktualisiert

Hurrikan Melissa

»Ich habe seit einer Woche nicht geschlafen«

Wie ein Rabbiner vom Wirbelsturm in Jamaika überrascht wurde – und nun selbst Betroffenen auf der Insel hilft

von Mascha Malburg  06.11.2025

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Kommentar

Warum Zürichs Entscheid gegen die Aufnahme von Kindern aus Gaza richtig ist

Der Beschluss ist nicht Ausdruck mangelnder Menschlichkeit, sondern das Ergebnis einer wohl überlegten Abwägung zwischen Sicherheit, Wirksamkeit und Verantwortung

von Nicole Dreyfus  06.11.2025

New York

ADL will Mamdani unter Beobachtung stellen

Die Anti-Defamation League erwartet vom neugewählten New York Bürgermeister nichts Gutes. Jetzt hat die jüdische Organisation angekündigt, man werde genau hinschauen

 05.11.2025

Amsterdam

Wegen IDF-Kantor: Concertgebouw sagt Chanukka-Konzert ab

Die renommierte Musikhalle hat wegen des geplanten Auftritts von IDF-Chefkantor Shai Abramson das alljährliche Konzert abgesagt. Die jüdische Gemeinschaft ist empört und will gegen den Entscheid klagen

von Michael Thaidigsmann  05.11.2025 Aktualisiert

Essay

Mamdanis demokratische Steigbügelhalter

Führende Politiker der Demokraten haben aus Opportunismus die Wahl des Israel-Hassers Zohran Mamdani zum New Yorker Bürgermeister ermöglicht - und so in Kauf genommen, dass aus Worten gegen Israel wieder Gewalt gegen Juden werden könnte

von Menachem Z. Rosensaft  05.11.2025

Vatikan

Theologe: Antisemitismus bei Vatikan-Konferenz kein Einzelfall

Der Salzburger Theologe Hoff berichtet über Eklats bei einer jüngsten Vatikan-Konferenz. Ein Schweizergardist soll sich verächtlich über Mitglieder einer jüdischen Delegation geäußert und in ihre Richtung gespuckt haben

 04.11.2025