Australiens Juden hatten am 26. Januar Grund zur Freude. Mehr als 40 von ihnen wurden zum Australia Day für ihr gesellschaftliches Engagement geehrt. Und da der Nationalfeiertag in diesem Jahr auf einen Sonntag fiel, war auch der Montag zum Feiertag erklärt worden. An jenem Tag hat im jüdischen Kalender der Schewat begonnen, der Monat, in dem das Neujahrsfest der Bäume, Tu Bischwat, begangen wird.
Es scheint daher passend, dass in vielen Synagogen am Samstagmorgen der Toralesung ein Gebet für den Regen folgt. Doch der Grund dafür ist weniger fröhlich: Die Buschfeuer betrüben die Feierlaune im gesamten Land, in vielen Orten wurde auch das Feuerwerk zum Nationalfeiertag abgesagt.
Asche Zwar konnten inzwischen viele der schlimmsten Feuer unter Kontrolle gebracht werden, doch das heißt lediglich, dass keine Gefahr einer weiteren Ausbreitung besteht. Seit September wüten die Buschfeuer wie selten zuvor: Auf einer Fläche so groß wie Island bleiben fast nur Schutt und Asche zurück. Mehr als 30 Menschen sind den Bränden zum Opfer gefallen, Tausende mussten fliehen. Man schätzt, dass eine Milliarde Tiere durch das Feuer ums Leben gekommen sind.
Jetzt liegt der Fokus vor allem auf Unterstützung der Feuerwehrleute und der Betroffenen.
Auch die jüdische Gemeinschaft initiierte Hilfsaktionen. Der Executive Council of Australian Jewry, die Vertretung australischer Juden, ruft seine Mitglieder dazu auf, »großzügig zu spenden«. Das New South Wales Jewish Board of Deputies hatte schon im November zusammen mit der Organisation »Stand Up« zu einer Spendenaktion aufgerufen.
Laut dem Vorsitzenden des Board of Deputies, Vic Alhadeff, haben die Gemeindemitglieder bisher umgerechnet rund 4,3 Millionen Euro gespendet. Man unterstütze die Betroffenen »in dieser noch nie da gewesenen nationalen Katastrophe, ob als freiwillige Feuerwehrleute, durch Spenden oder das Kochen Hunderter Mahlzeiten«, sagt Alhadeff.
Der Großteil der Juden in Australien lebt in den Metropolregionen Sydney und Melbourne, die zwar vom Rauch erfasst wurden, nicht aber von den Bränden.
Der Großteil der Juden in Australien lebt in den Metropolregionen Sydney und Melbourne, die zwar vom Rauch erfasst wurden, nicht aber von den Bränden. Einige Juden leben jedoch in ländlichen Gegenden, die direkt vom Feuer betroffen waren.
Zwei von ihnen sind Corinne und Hallie Fernandez-Markov. Das jüdische Paar lebt seit 20 Jahren »im Busch«, etwa auf halbem Weg zwischen Sydney und Melbourne im Bega-Tal. Dort wütete um den Jahreswechsel ein Buschfeuer unkontrollierbar, sie mussten ihr Haus verlassen. Als sie nach mehreren Tagen zurückkehrten, war die Hitze noch in der Erde zu spüren. Der Himmel war abwechselnd glühend orange oder dunkelgrau und die Luft voller Rauch. Das Atmen fiel schwer.
Das Paar ist relativ glimpflich davongekommen. Abgesehen von der Asche, die überall liegt, ist ihr Eigentum unbeschädigt geblieben. Viele ihrer Freunde hatten weniger Glück; ihre Schuppen und Traktoren wurden zerstört, die Tiere verbrannten oder verdursteten.
Hoffnung »Es ist schwierig, den Leuten in der Großstadt zu erklären, wie es ist, wenn man das Haus verlässt und nur Asche sieht«, meint Corinne. So fuhr sie vergangene Woche mit aktuellen Fotos und einer PowerPoint-Präsentation nach Melbourne und rief zur Spendenaktion für einen Freund auf, dessen Abzäunung einer gut 550 Hektar großen Fläche zerstört wurde.
Mehrere Tausend Dollar kamen zusammen. Corinne weiß, dass dies nur ein kleiner Beitrag ist. »Wir können natürlich bei Weitem nicht jedem helfen«, sagt sie. Doch sei es enorm wichtig, durch gemeinschaftliche Aktionen den Opfern der Brände die Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu geben. Die Betroffenen würden noch lange unter der Erinnerung der traumatischen Ereignisse leiden. Daher sei eine stärkere Reaktion der Regierung gefragt.
Vor allem Premierminister Scott Morrison wird wegen seines Umgangs mit der Situation kritisiert. Der Regierungschef weigerte sich lange, einen Zusammenhang zwischen den Bränden und dem Klimawandel zu sehen. Im Dezember zog er den Zorn der Australier auf sich, weil er in den Urlaub flog, als die Feuer durchs Land tobten.