Donald Trump ist nicht für feinfühlige Äußerungen bekannt. Das gilt auch für seine Einlassungen auf Twitter. Der Präsidentschaftskandidat nutzt diese Kommunikationsform gern. Die Beschränkung auf 140 Anschläge scheint dem Hüter schlichter Wahrheiten ganz gut zupass zu kommen.
Trumps Verhältnis zum Judentum gilt, höflich formuliert, als äußerst ambivalent. Nun hat Andrew Tobin von der Jewish Telegraphic Agency etwas herausgefunden, was bei ungezählten Verschwörungstheoretikern – und die gibt es unter Trumps Anhängern zuhauf – für reichlich Verwirrung sorgen dürfte: Einige seiner schlimmsten Verbalattacken ritt der Immobilien-Mogul an jüdischen Feiertagen. Beispiele gefällig?
afroamerikaner Nachdem die Cousine des afroamerikanischen Basketballstars Dwyane Wade erschossen worden war, twitterte Trump am 27. August: »Dwyane Wades Cousine in Chicago erschossen und getötet, als sie mit ihrem Baby spazieren ging. Ich habe es doch immer gesagt: Afroamerikaner werden Trump wählen.« Das war an einem Schabbes.
Im Monat zuvor hatte Trump für besondere Empörung gesorgt: Unter dem Rubrum »Crooked Hillary« (verschlagene Hillary), seiner Lieblingscharakterisierung der Gegenkandidatin, hatte er geschrieben: »Die verschlagene Hillary schreibt Geschichte« – und darunter ein Bild gepostet, dass Clinton vor einem Hintergrund voller Dollarnoten und neben einem Davidstern zeigt, in dem steht: »Korrupteste Kandidatin aller Zeiten«. Auch das war am Schabbes.
orlando Und ein paar Wochen zuvor, nach dem Massaker in einem Nachtklub in Orlando, Florida, das 49 Menschenleben forderte, tweetete der forsche Milliardär: »Danke für die Gratulationen, dass ich in Sachen Terror radikaler Islamisten recht hatte.« Das war am 12. Juni, an Schawuot.
Die schlimmsten Entgleisungen immer an jüdischen Feiertagen? Was geht in dem Kopf bloß vor, von dem einige annehmen, so viel könne da gar nicht passieren an kohärenten Gedankengängen?
Nun, Trumps Tochter Ivanka, die gut auf ihren Papa aufpasst, ist mit Immobilienmogul Jared Kushner – das mit den Immobilien scheint in der Familie zu liegen – verheiratet und seitdem orthodoxe Jüdin. Sie und ihr Mann stehen also an Feiertagen dem Kandidaten nicht zur Verfügung. Von Ivanka ist bekannt, dass sie großen (mäßigenden?) Einfluss auf den aufbrausenden Papa hat. Kushner gilt, so hört man, als heimlicher Wahlkampfmanager seines Schwiegervaters. Niemand also da, der Vater Trump am Schabbat bremst – und schon kommt es zu den schlimmsten Ausfällen.
Fernsehdebatte Ohne Tochter und Schwiegersohn musste Donald Trump am Montag auch seine erste Fernsehdebatte bewältigen. Er verlor mehrfach die Nerven, als Clinton ihn mit all dem Unfug konfrontierte, den er im Laufe seines Kandidatenlebens bisher von sich gegeben hat.
Wenn Andrew Tobin mit seiner Theorie recht hat, dann steht uns das Schlimmste noch bevor. Denn die heißeste Phase des Wahlkampfs fällt in die Zeit der Hohen Feiertage. Und da sind Ivanka und Jared gewiss nicht erreichbar. Oj, Gevalt!