Wer ihr je begegnet ist, war beeindruckt. Mit ihrem augenzwinkernden Lächeln und ihrer warmen Freundlichkeit nahm die Verlegerin und Juristin Ellen Ringier ihre Umgebung für sich ein. Sie hatte für jeden und jede stets ein gutes Wort übrig. Diese Freundlichkeit endete allerdings, wenn es um ihren Kampf gegen Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit ging. Da war Ellen Ringier unerbittlich und kannte keine Kompromisse.
So etwa 2013, als der Rohstoffhändler Marc Rich in Luzern verstarb, der Stadt, in der Ringier geboren und aufgewachsen war. Rich, der vielen als Inbegriff des »jüdischen Kapitalisten« und skrupellosen Geschäftemachers galt, war mit Ringier befreundet gewesen, und sie scheute sich nicht, gewisse Nachrufe als »antisemitisch« zu benennen, die von »Hakennase« und »obligater Zigarre im Mund« schrieben.
Dass einige dieser hasserfüllten Stereotypen auch von links kamen, fand Ringier ebenso bezeichnend wie unverständlich. Denn eigentlich hatte sie sich in ihrem Engagement gegen Judenhass und für mehr Menschlichkeit immer wieder auch auf liberale und linke Kreise gestützt und war dort auf große Zustimmung gestoßen.
Etwa als Mitbegründerin und Präsidentin des Vereins »Rock gegen Hass«, eines Musikfestivals, das seit 1992 in der Schweiz ein Zeichen gegen die aufkommende Fremdenfeindlichkeit setzen soll, die sich auch in Vorurteilen gegenüber Jüdinnen und Juden äußerte. »Rock gegen Hass« fand in den ersten Jahren in Lengnau im Kanton Aargau statt, mit Endingen eines der beiden sogenannten »Judendörfer«. Das Festival schlug so einen Bogen zur Geschichte der jüdischen Minderheit im Land, die bis 1866 nur in den beiden Orten hatte leben dürfen – eine Verbindung, die auch der Idee des Festivalgründers Sidney Weill entsprach.
1999 erhielt sie den Haviva-Reik-Friedenspreis
Ringier stand außerdem dem Schweizer Freundeskreis des Israel-Museums in Jerusalem vor, engagierte sich in der Jerusalem Foundation und der Friedensorganisation Givat Haviva, welche den jüdisch-arabischen Dialog in Israel fördert – allen Schwierigkeiten zum Trotz.
1999 erhielt sie für ihr Engagement den Haviva-Reik-Friedenspreis, der Persönlichkeiten auszeichnet, die sich besonders für Menschenrechte, Frieden und Verständigung einsetzen. 2001 gründete sie die Stiftung Elternsein, um in ihrer Heimat das Thema Erziehung zu enttabuisieren.
Die groß gewachsene Ellen Ringier war eine »Macherin«. Sie war in einem doppelt gemischten Elternhaus aufgewachsen: sowohl schweizerisch-englisch als auch christlich-jüdisch. Nachdem sie an der Universität Zürich in Jura promoviert hatte, war sie Auditorin am Bezirksgericht. Im Alter von 25 Jahren heiratete sie schließlich den Verleger Michael Ringier, mit ihm hatte sie zwei Töchter, Lilly und Sophie. Die Familie lebte am Zürcher See. Als Verlegergattin – Ringier ist bis heute eines der großen Verlagshäuser in der Schweiz – hatte sie immer auch das Unternehmen im Blick, ihr Büro lag lange in unmittelbarer Nähe zum Verlagshaus.
Weltverbesserin
Zuletzt hat eine schwere Krankheit ihrem leidenschaftlichen Engagement Grenzen aufgezeigt. Dass ihre Stimme nun ganz verstummt ist, ist nicht nur für ihre Familie schwer zu begreifen. »Sie wollte die Welt ein klein bisschen besser machen«, überschrieb der ehemalige Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG), Herbert Winter, seinen Nachruf in der Zeitung »Blick«. Es lässt sich sagen: Das ist ihr gelungen. Wer Reichtum und Eigentum besitze, müsse die Gesellschaft teilhaben lassen. Davon war Ellen Ringier überzeugt.