Die Idee ist nicht neu, sie wurde bereits 2018 angeregt und im Stadtparlament diskutiert. Jetzt hat sich die Stadtverwaltung von Südafrikas Metropole Johannesburg offenbar entschlossen, tatsächlich eine Straße nach der palästinensischen Terroristin Leila Chaled zu benennen.
Die heute 80-jährige Antisemitin brachte es Ende der 60er- und Anfang der 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts zu weltweiter Bekanntheit, weil sie an mehreren terroristischen Anschlägen gegen Israelis beteiligt war, darunter die Entführung von gleich zwei Flugzeugen.
Im August 1969 entführte Chaled ein Flugzeug der Airline »Trans World Airline« auf dem Weg von Rom nach Tel Aviv. Ein Jahr später war sie an dem Versuch beteiligt, einen El-Al-Flug von Amsterdam nach New York City zu kapern. Ihr Komplize schoss auf ein Mitglied der Crew und wurde bei der Stürmung des Fliegers in London erschossen, Chaled überlebte. Sie wurde verhaftet und kam später im Austausch gegen von ihrer Organisation entführte Zivilisten frei.
Heute lebt sie in Jordaniens Hauptstadt Amman und hält weltweit Vorträge. Auch in Deutschland war sie schon zu Gast: 2016 wurde Chaled nach Wuppertal eingeladen.
Ex-Bürgermeister nennt Chaled »Freiheitskämpferin«
In einem Interview nach den Massakern der Hamas vom 7. Oktober sagte die 1944 in Haifa geborene Chaled: »Wir sind bereit, mit unserem Blut und Fleisch, mit unseren Familien zu bezahlen, um dieses Land zu befreien. Solange es die Besatzung gibt, wird es Widerstand geben.«
Für den ehemaligen Johannesburger Bürgermeister Thapelo Amad sind Chaleds Worte und Taten jedoch kein Grund, sie nicht zu ehren – im Gegenteil. Amad nennt die ehemalige Terroristin eine »Freiheitskämpferin«.
Der Vorschlag für die Umbenennung des Sandton Drive in Leila Khaled Drive kam ursprünglich von ihm und der propalästinensischen Kleinpartei Al Jama-ah, die auch im Stadtrat von Johannesburg vertreten ist. Er wird aber auch von der Regierungspartei, dem African National Congress (ANC), unterstützt. Jetzt soll die Namensänderung erneut in Betracht gezogen werden - die Bürger von Johannesburg haben noch bis zum heutigen Montag Zeit, etwaige Einwände kundzutun.
Die South African Zionist Federation (SAZF) nannte das Vorhaben bereits einen »Affront gegen friedliebende Südafrikaner« und eine »absichtliche Provokation« der jüdischen Gemeinde in Johannesburg. Die meisten der rund 50.000 Juden des Landes leben in der Stadt mit ihren 5,6 Millionen Einwohnern.
Doch es gibt wohl noch eine Stoßrichtung: Am Sandton Drive, einer der bekanntesten Adressen der Stadt, hat auch das amerikanische Konsulat seinen Sitz. Und für die USA ist Leila Chaled ebenso wie für Israel ganz klar eine Terroristin, auch wenn sie mittlerweile dem bewaffneten Kampf abgeschworen und sich mehr auf Vorträge verlegt hat.
Auch Fana Mkhonza, Stadträtin der Christdemokratischen Partei, gab zu bedenken, dass die ehemalige Terroristin die Ehrung nicht verdient habe. »So sehr Frau Chaled von einem kleinen Teil der südafrikanischen Gesellschaft als Freiheitskämpferin angesehen wird: Sie setzt sich für die palästinensische Sache ein und nicht für die Entwicklung von Johannesburg.« Sie könne in der Umbenennung »keine Toleranz, Versöhnung und Frieden« erkennen, erklärte Mkhonza.
Amad sieht das ganz anders. »Wir sollten internationale Persönlichkeiten, die für Gerechtigkeit und Freiheit gekämpft haben, nicht ignorieren«, sagte er laut der Nachrichtenagentur »Associated Press«. Die Umbenennung würde Solidarität mit dem palästinensischen Volk zeigen und eine Anerkennung seines Kampfes sein, betonte er. 2006 hatte Leila Chaled sich in Johannesburg mit dem früheren Präsidenten und Gründervater des modernen Südafrikas, Nelson Mandela, getroffen.
Für die SAZF sind die Pläne dagegen schlicht rechtswidrig. Auch das südafrikanische Gesetz schreibe den Schutz diplomatischer Einrichtungen und die Verhinderung der Beeinträchtigung ihrer Würde vor. »Dieser Vorschlag, der das amerikanische Konsulat zwingen würde, seine Adresse in die einer Person zu ändern, die als Terroristin eingestuft wird, ist eine diplomatische Beleidigung, die weitreichende Folgen für die internationalen Beziehungen und Investitionen Südafrikas haben könnte«, hieß es in einer Erklärung der Organisation.