Der Zuccotti-Park ist ein kleiner rechteckiger Flecken im Süden von Manhattan, gleich neben dem Broadway. Nichts Besonderes: Steinplatten, Treppenstufen, ein paar Bäume. Seit einiger Zeit aber ist der Park das Zentrum der Weltrevolution, jedenfalls wenn man den Leuten glaubt, die dort campieren.
Flugblätter Der erste Eindruck beim Vorbeispazieren ist der Eindruck großer Buntheit. Er rührt von den verschiedenfarbigen Müll- und Schlafsäcken her, die den Platz verzieren. Auf und zwischen den Säcken liegen, sitzen und stehen Leute herum, ungefähr hundert dürften es insgesamt sein. Die meisten von ihnen sind Anfang 20 oder jünger, aber auch ein paar alt gewordene Hippies mit Bärten haben sich unter die Menge gemischt. Hier und dort halten Leute Pappschilder hoch. »Wir sind 99 Prozent«, steht auf einem, auf einem anderen: »Der amerikanische Traum heißt deshalb so, weil man schlafen muss, um daran zu glauben«. Jemand verteilt Flugblätter, auf denen steht, dass Mossad und CIA die Terrorangriffe vom 11. September eingefädelt haben.
»Occupy Wall Street«, das ist der gemeinsame Nenner all jener, die sich hier eingefunden haben. Besetzt die Wall Street! Genauere Forderungen erheben die selbst ernannten Weltrevolutionäre nicht. Ein paar von ihnen haben aber mittlerweile herausgefunden, wer am Kapitalismus schuld ist: die Juden, versteht sich. Einer der Demonstranten sagt: »Beinahe alle Banker an der Wall Street und Manager von Hedgefonds stammen aus einer winzigen ethnischen Gruppe – sie sind alle Juden.«
Nachahmer Die Occupy-Wall-Street-Leute haben mittlerweile Nachahmer im ganzen Land gefunden. In Los Angeles forderte eine Patricia McAllister, die im dortigen öffentlichen Schulwesen arbeitet: »Ich glaube, dass die zionistischen Juden, die hinter den großen Banken und der Federal Reserve (der amerikanischen Zentralbank) stecken, aus diesem Land vertrieben werden sollten.« Wen wundert es da, dass ein gewisser Rocky Suhayda auf der Webseite der amerikanischen Nazipartei die antikapitalistischen Demonstranten seiner brüderlichen Unterstützung versichert hat?