Der Journalist und Restitutionsexperte Stephan Templ hat am Montag eine einjährige Haftstrafe in der Justizanstalt Wien-Simmering angetreten. Einige Freunde und Unterstützer, darunter sein Anwalt Robert Amsterdam, begleiteten ihn bis zum Gefängnistor.
Der heute 55-jährige Templ war im April 2013 vom Wiener Landesgericht für Strafsachen wegen »schweren Betruges« zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Republik Österreich, hieß es in der Begründung, sehe sich durch ihn geschädigt. Das Oberlandesgericht reduzierte die Strafe später auf ein Jahr Haft und zwei Jahre Bewährung.
Hintergrund Im Rahmen eines Restitutionsverfahrens hatte Templ falsche Angaben gemacht. Es ging dabei um die Rückgabe eines Teils des ehemaligen Sanatoriums Fürth in der Wiener Josefstadt, das nach 1938 »arisiert« worden war. Templ, der als Verfasser kritischer Bücher zum österreichischen Umgang mit der Rückgabe jüdischen Besitzes nach 1945 bekannt ist, hatte 2006 Ansprüche seiner Mutter angemeldet. Dabei versäumte er es, auch den Namen seiner Tante anzugeben, die ebenfalls Ansprüche gehabt hätte.
Das harte Urteil gegen den Journalisten rief in vielen Ländern Sorge und Proteste hervor: Templ, Nachkomme von Schoa-Opfern und scharfer Kritiker der österreichischen Restitutionspraxis, werde von der Wiener Justiz als eine Art Nutznießer der NS-Zeit hingestellt und bestraft, hieß es.
Rachefeldzug Viele Beobachter im In- und Ausland vermuten hinter dem harten Urteil gegen Templ einen Rachefeldzug, weil der Journalist seine Heimat Österreich in den vergangenen Jahren in Sachen Aufarbeitung der NS-Zeit immer wieder kritisiert hat. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte Templ 2014: »Ich fühle mich in Österreich mittlerweile nicht mehr wie in einem europäischen Rechtsstaat, sondern wie in Putins Russland.«
Anfang September hatte Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer ein Gnadengesuch der Anti-Defamation League (ADL) für Templ abgelehnt. Der Verurteilte habe alle Rechtsmittel ausgeschöpft, heißt es in dem Brief: »Das Urteil ist deshalb endgültig.« ja