Eigentlich könnte ich mir meine Bücher bei Amazon bestellen. Denkbar wäre auch, dass ich mir endlich einen Kindle oder iPad kaufe, mein Lesefutter herunterlade und es schnell auf dem Bildschirm konsumiere. Aber ich bin, nebbich, altmodisch: Bücher sollen beim Umblättern rascheln, ich will meinen Rüssel zwischen ihre Seiten stecken und den Buchleim riechen. Langsam und genüsslich möchte ich mit meinen Fingern über ihre Rücken streichen.
Vorsatz Für diese erotische Vorliebe gibt es einen Namen: Bibliophilie. Zu ihr gehört auch, dass ich gern in Buchläden gehe, manchmal auf der Suche nach etwas Bestimmtem, manchmal ganz ohne Vorsatz. Ich flaniere zwischen den Regalen, greife hier etwas heraus, stelle dort etwas zurück und begebe mich vertrauensvoll in die Arme der Serendipität, deren Motto seit jeher lautet: Wer nicht sucht, der findet.
Dies gilt auch dann, wenn es um Judaica geht. So fand ich mich neulich auf der anderen Seite des Central Park wieder, in dem Geschäft »West Side Judaica & Bookstore«. Ich hätte dort knallbunt bemalte Mesusot oder gediegene silberne Chanukkaleuchter kaufen können, aber dieses Mal war ich tatsächlich auf der Suche nach etwas Bestimmtem: dem Siddur von Jonathan Sacks. Der Oberrabbiner von Großbritannien ist so etwas wie mein Rebbe. Es gibt kaum eine Äußerung von ihm, die ich nicht großartig finde.
Sonnenlicht Der Tag war hell und schön, das Sonnenlicht brach durch die breite Fensterfront herein. Im Laden arbeiteten drei Herren mit Kippot und dunklen Bärten, die Jiddisch miteinander sprachen. Später gesellte sich noch eine Frau dazu. Einer der Männer suchte mir schnell das gewünschte Buch heraus. Aber das war, fand ich, noch lange kein Grund zu gehen, also blieb ich noch ein Stündchen. Bücher, Bücher, Bücher – in Regalen, auf Tischen, auf Stapeln. Wenn ich mich doch jetzt in eine Ecke setzen und das alles seelenruhig studieren könnte! Das wäre das Paradies. Am Ende hatte ich insgesamt nur drei Bücher gekauft und war sehr stolz darauf, dass ich mich derart zügeln konnte.