Aus irgendeinem (oder keinem) Grund war ich nie in das Museum of Jewish Heritage gegangen, das am südlichen Zipfel von Manhattan liegt. Aber heute war Regenwetter. Also ging ich ins Museum. Die Summe meiner Bilanz: Das Haus ist ganz ausgezeichnet, wenngleich winzig.
Nepal Ich frage mich immer: Was würde der junge Mann aus Nepal dort erfahren, den ich mal in Berlin traf – ein rundum sympathischer Typ, der keine Ahnung hatte, was ein Jude ist und noch nie vom Holocaust gehört hatte. Im Museum of Jewish Heritage bekäme er eine anschauliche Einführung in jüdische Rituale und Traditionen. In einem sechseckigen Raum im Zentrum des Gebäudes könnte mein Nepalese einen Film sehen, in dem verschiedene Leute ihm erklären, wie sie ihr Judesein begreifen und definieren. Ein Stockwerk höher dann die Geschichte der »Endlösung«, von den Anfängen bis zum Grauen von Auschwitz und Treblinka. Wahrscheinlich würde mein nepalesischer Freund fragen, was er mich schon in Berlin gefragt hat: Warum? Und wie damals würde ich hilflos stammeln und schließlich den Mund halten.
Im Moment zeigt das Museum of Jewish Heritage die Sonderausstellung »Deadly Medicine« über Ärzte in der Nazidiktatur. Man atmet flach, wenn man da durch ist. Jeder, der schon einmal in Yad Vashem war, kennt den Moment, wenn man am Ende auf das blühende Israel hinausschaut. Solch einen Moment gibt es auch hier: Am Ende der Sonderausstellung sah ich durch große Panoramascheiben draußen im Hafenbecken die Freiheitsstatue.