Herr Doner, Sie haben 23 Sprachen erlernt, darunter solche exotischen wie Hausa, Swahili oder Ojibwe. Welche mögen Sie am liebsten?
Jede hat etwas Faszinierendes an sich. Ob es nun eine tonale Sprache ist, wie Chinesisch, eine sehr poetische, wie Persisch oder Arabisch, eine komplizierte Grammatik besitzt wie Latein oder Russisch oder eine besondere kulturelle Bedeutung für mich hat, wie Hebräisch oder Jiddisch. Ich liebe es, die Vielfalt und Gemeinsamkeiten zwischen den Weltsprachen zu erkennen. Wenn ich einen Favoriten auswählen müsste, dann wäre das Georgisch. Das Alphabet ist so wunderschön zu schreiben, und es gibt Klänge, von denen ich nie gedacht hätte, dass es sie gibt.
Englisch ist Ihre Muttersprache, Hebräisch die erste Fremdsprache. Was ist die Herausforderung an Hebräisch?
Ich habe es fast vollständig durch Musik gelernt. Durch die Texte israelischer Künstler wie Hadag Nachasch, Sagol 59 oder Shlomo Artzi. Die Herausforderung für mich ist das Lesen, Schreiben und die komplexe Grammatik. Hebräisch ist zudem ein einzigartiger linguistischer Fall, weil Jiddisch, Russisch, Deutsch und auch Arabisch ihre Spuren hinterlassen haben.
Jiddisch ist die Sprache Ihrer Großeltern. War das hilfreich beim Deutsch lernen?
Ich habe Deutsch sehr intensiv studiert und dann erst das angewendet, was ich vom Jiddischen wusste. Wenn man in einer jüdischen Familie in New York aufwächst, dann hört man im Alltag zwar viel Jiddisch – vieles davon sind Beleidigungen –, aber ich kenne nur wenige Muttersprachler. Ich würde sagen, es ist einfacher, zuerst Deutsch und dann Jiddisch zu lernen, denn es gibt doch mehr Übungs- und Sprechmöglichkeiten.
Was fasziniert Sie an Deutsch?
Die Satzstruktur zu üben, macht mir großen Spaß. Besonders, dass sich Verben in verschiedenen Fällen und grammatikalischen Zusammenhängen an den Anfang, in die Mitte oder ans Ende eines Satzes verschieben lassen, ist faszinierend. Die Wortordnung im Deutschen ist relativ frei, und man kann sehr kreativ sein. Allein, dass man Substantive zusammensetzen kann, ist extrem nützlich. Leider haben wir das im Englischen nicht. Ich liebe deutsches Kino, und es gibt einfach keinen Ersatz, einen Film in der Originalsprache zu sehen.
In Ihren Videos auf YouTube kommen Sie mit Menschen aus der ganzen Welt zusammen. Wie hat Ihnen das beim Lernen der Sprachen geholfen?
Wenn ich anfange, eine Sprache zu lernen, stelle ich die Videos ins Netz, und sehr oft geben mir Leute Tipps und Anregungen zur Aussprache, Wortwahl oder Grammatik. Das hat mir bei Hausa, Ojibwe und Indonesisch sehr geholfen, denn bei diesen Sprachen hatte ich nicht so viele Möglichkeiten, auf Muttersprachler zu treffen. Darüber hinaus habe ich mich mit vielen Menschen angefreundet, die ich sonst nie kennengelernt hätte. Sprachen zu erlernen, öffnet neue Türen zu anderen Kulturen, und es ist ein Prozess, der das ganze Leben dauert.
Gibt es auch eine Sprache, die Sie gar nicht lernen würden?
Es ist nicht eine Frage des Nichtlernen-Wollens, sondern eher eine von Zeit und Hingabe.
Mit dem Schüler sprach Katrin Richter.
Timothy Doner ist 17 Jahre alt und lernt seit frühester Kindheit Sprachen. Angefangen hat er mit Hebräisch, dann folgten Chinesisch, Russisch und viele andere. Timothy veröffentlicht seine Videos regelmäßig auf seinem Kanal bei YouTube.
www.youtube.com/user/PolyglotPal