Auschwitz-Statistiken wirken immer anstößig, egal ob es sich um Opferzahlen, neue Besucherrekorde oder die Berechnung der aktuellen Restaurierungskosten handelt. Noch seltsamer aber wirkt es, wenn Zahlen fehlen.
So kann man auf der Webseite der »Stiftung Auschwitz-Birkenau« zwar einen Tätigkeitsbericht für das Jahr 2010 lesen, doch wer sich für die Anlage der bereits gesammelten Millionen in Wertpapieren, Staatsanleihen oder Immobilien interessieren sollte, wird enttäuscht. Diese Angaben fehlen. Ebenso wie die Angaben zu den Verwaltungskosten. Fast vollständig hingegen ist die Liste der Kapitalgeber mitsamt der jeweiligen Spendensumme.
Kapitalstock Ziel der 2009 gegründeten Stiftung Auschwitz-Birkenau ist es, einen Kapitalstock von 120 Millionen Euro zusammenzutragen, von dessen Zinsen künftig die laufenden Restaurierungsarbeiten bezahlt werden sollen. Bislang finanzierte die polnische Regierung den Großteil der Instandhaltungskosten nicht nur von Auschwitz, sondern von fast allen ehemaligen Nazi-Konzentrations- und Vernichtungslagern auf polnischem Boden. Zwar gaben Deutschland, Frankreich, die Niederlande oder die EU von Zeit zu Zeit einen Zuschuss, doch die Hauptlast trug über viele Jahre allein Polen. Im Fall von Auschwitz, dem bekanntesten Konzentrationslager, soll sich dies künftig ändern.
»Es fehlen noch rund 23 Millionen Euro«, sagt Maciej Antosik, der Direktor der Stiftung Auschwitz-Birkenau. »Die Summe der bereits eingezahlten und der zugesagten Gelder beläuft sich auf rund 97 Millionen Euro. Den Großteil haben wir also bereits.« Als bisher letztes Land gab im Dezember Frankreich bekannt, den Fonds mit fünf Millionen Euro zu unterstützen. Deutschland beteiligt sich mit 60 Millionen Euro.
Die USA stellen gut elf Millionen Euro bereit, Polen zahlt zehn und Österreich sechs Millionen Euro ein. Außerdem beteiligen sich Großbritannien mit 2,5 Millionen und Israel mit knapp einer Million Euro an der Stiftung. Daneben geben zahlreiche Länder, Städte sowie Einzelpersonen Summen unter einer Million Euro.
Auch die Europäische Kommission stellte im Dezember vier Millionen Euro bereit. Das Geld floss aber nicht der Stiftung zu, die es langfristig anlegt, sondern wurde direkt auf das Konto der Gedenkstätte überwiesen. Mit dem Zuschuss sollen die Frauenbaracken restauriert, die Datenbank ausgebaut und die Ausstellung der Häftlingskoffer neu gestaltet werden.
Holzbaracken Die fachgerechte Restaurierung von nur einer Holzbaracke dauert sechs bis acht Monate und kostet rund 310.000 Euro, erläutert die Gedenkstätte in ihrer Broschüre Die Restaurierung von Auschwitz-Birkenau. Unsere Verantwortung für die künftigen Generationen. Insgesamt gibt es in Auschwitz noch 22 Holzbaracken. Die übrigen wurden bereits von den Nazis vor der Flucht nach Westen zerstört oder fielen in den Nachkriegsjahren der hohen Luftfeuchtigkeit und dem sumpfigen Boden zum Opfer.
Insgesamt gibt es auf dem knapp 200 Hektar großen Gelände 155 Gebäude in akzeptablem Zustand, 300 Ruinen, darunter die Gaskammern und Krematorien, Hunderte Kilometer Stacheldrahtzaun, ein Archiv mit Tausenden Dokumenten und persönlichen Gegenständen, die einst den Häftlingen gehörten und bei der Befreiung des Lagers am 27. Januar 1945 von der Roten Armee gefunden wurden.
In den nächsten Jahren hat die Restaurierung der ehemaligen Ziegelbaracken Vorrang. Sie nimmt ein bis zwei Jahre in Anspruch, informiert die Broschüre, und kostet bis zu 800.000 Euro.
Auch die Kosten für die Restaurierung der Wachtürme sind genau aufgelistet. Ein kleiner Turm kostet rund 18.000 Euro, ein großer 44.000 Euro. Insgesamt gibt es sechs große und 21 kleine Wachtürme.
Am teuersten ist die Restaurierung des Häftlingsblocks im sogenannten Stammlager. Hier waren während der deutschen Besatzung nichtjüdische Auschwitz-Häftlinge eingesperrt, vor allem Polen, aber auch politische Häftlinge aus anderen europäischen Ländern. Heute befindet sich in den ehemaligen Kasernen der größte Teil der Gedenkstätten-Ausstellung, thematische wie auch Länderausstellungen. Die Restaurierung eines Blocks kann mitsamt der Dokumentation bis zu fünf Jahre dauern und bis zu anderthalb Millionen Euro kosten.
Antosik, der Direktor der Stiftung, die demnächst für den Großteil der Kosten aufkommen soll, versichert: »Kurz vor dem Jahrestag am 27. Januar wird die aktualisierte Website freigeschaltet. Da werden dann auch Informationen zur Anlagepolitik der Stiftung und den Verwaltungskosten dabei sein.«
www.en.auschwitz.org