Paul Shalom Rhodes wollte der studentischen Spring Break in den USA etwas entgegensetzen. Die vorlesungsfreie Zeit im Frühjahr nutzen immer mehr Studenten zu Kurzurlauben und Rund-um-die-Uhr-Saufgelagen. »Jamaika ist dafür sehr beliebt«, sagt Rhodes. »Warum soll man sich betrinken, wenn man unter der Sonne nachdenken und trotzdem Spaß haben kann?«, dachte sich der 61-jährige Arzt aus den USA und warb für sein Programm »Jamaica Shalom«.
Semesterferien Im März kamen ein Dutzend angehende Akademiker auf die Insel, um während der Semesterferien jüdisches Leben auf der Insel kennenzulernen. »Wir hatten sogar jüdische Piraten hier«, sagt Rhodes. »Und dass die Engländer den Spaniern die Insel abjagen konnten, das haben sie den Juden zu verdanken, die ihnen aus Rache für die Vertreibung aus der Iberischen Halbinsel halfen«, erzählt er in seiner Ferienanlage »Great Huts«, die er vor zehn Jahren aufzubauen begann.
Heute leben etwa 300 Juden in Jamaika. Die meisten sind Mitglieder der reformorientierten United Congregation of Israelites. Nach »Great Huts« kamen die Studenten bei ihrem einwöchigen Besuch, um sich nach dem Schabbat am Strand der Boston Bay zu sonnen und Vorträge über das jüdische Leben in Jamaika zu hören. »Im Juni und Juli wollen wir diese Erfahrung wiederholen.« Es gibt noch freie Plätze.
Hippieparadies Rhodes, der in den USA geboren wurde und über Jahre nicht nur Hausarzt war, sondern auch an der Harvard University lehrte, kam zum ersten Mal 1974 nach Jamaika. Als Teil seines Medizinstudiums arbeitete er als Volunteer im Westen der Insel, einem touristischen Zentrum und einstigen Hippieparadies. »Die Jamaikaner haben eine ähnliche Spiritualität wie wir Juden«, findet er, »dies hat mich fasziniert.« Auch wenn er Reggaemusik und deren Zion-Kult mag, ein Rasta mit verfilzten Dreadlocks ist er nicht geworden.
Ende der 90er-Jahre kaufte er das Grundstück an der Boston Bay in der Nähe von Port Antonio. Die Region rund um den ehemaligen Bananenhafen ist noch immer ein Geheimtipp. »Wir haben mit drei Zelten begonnen. In einem habe ich selbst gewohnt, die anderen wurden vermietet«, erzählt Rhodes.
Afrika, Jamaika und die Juden hätten viele Berührungspunkte, findet er. Im Guten wie im Bösen. Die aus dem Schwarzen Kontinent Verschleppten mussten schuften, viele starben bereits während der Überfahrt. Manche wurden auf dem Schiff eines jüdischen Reeders nach Jamaika gebracht, andere leisteten Sklavenarbeit auf Plantagen, die Juden gehörten. »Der Völkermord an den Schwarzen durch Verschleppung und Sklavenarbeit muss ebenso thematisiert werden wie der Holocaust«, findet Rhodes.
Rundhütten Afrika und die jüdischen Wurzeln des Arztes ziehen sich auch durch die Einrichtung von »Great Huts«. Die Anlage erinnert an afrikanische Rundhütten, auch wenn sie teilweise aus Steinen oder Holz gebaut sind. Über dem Eingang steht in Hebräisch: »Gesegnet sei, der eintritt, und gesegnet sei er, wenn er geht.« Die Tür zeigt eine barbusige Königin von Sheba, und innen findet sich eine Darstellung der historisch nicht eindeutig überlieferten Vermählung mit König Salomon.
Seit Jahren lädt Rhodes Medizinstudenten in seine Anlage ein. Bei freier Kost und Logis helfen sie dem Arzt im nahen Port Antonio in einem Hilfsprojekt, das er ins Leben gerufen hat. Dort werden Obdachlose medizinisch betreut und können kostenlos übernachten.
Nach Boston Bay werden auch die Teilnehmer des »Jamaica Shalom«-Treffens im Juni kommen. Strand- und Badeaufenthalte sollen sich mit Veranstaltungen über Antisemitismus, die jüdische Geschichte Jamaikas und die Rasta-Bewegung verbinden. »Sonne, Sand und Schul«, sagt Rhodes, »das müsste das jüdische Motto Jamaikas sein.«
Das Programm »Jamaica Shalom« findet wieder vom 9. bis 16. Juni und vom 30. Juni bis 7. Juli statt. Info und Anmeldung: DrPaulShalom@yahoo.com
www.greathuts.com