Bulgarien

Sofia wird interaktiv

Die Synagoge in der bulgarischen Hauptstadt Sofia ist nicht nur Bethaus, sondern auch Sehenswürdigkeit. »Jedes Jahr kommen mehr als 15.000 Besucher«, sagt Robert Djerassi, der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde des Landes. Errichtet hat das monumentale Bauwerk im Stil des nationalen Romantizismus der österreichische Architekt Friedrich Grünanger.

Seit 1992 zeigt ein kleiner Raum im zweiten Stock Exponate aus der langen jüdischen Geschichte des Landes. Gemäß herkömmlicher Ausstellungspraxis kann der Besucher alte Judaica und Schriftstücke in Vitrinen betrachten. Doch Djerassi und seine Gemeinde wollen mit der Zeit gehen: Sie planen ein interaktives Museum.

Sponsoren »Vor zehn Jahren haben wir den Keller der Synagoge ausgeräumt und sein Potenzial als Ausstellungsort erkannt«, sagt Djerassi. So bestückten sie zum 100. Geburtstag der Synagoge 2009 die kleinen Kammern auf beiden Seiten des Kellerkorridors mit Installationen aus alten jüdischen Gebrauchs- und Kultgegenständen. Dafür erhielten sie viel Lob von den Festgästen, fanden aber nicht die erhofften Sponsoren, die helfen sollten, aus dem Keller ein Museum zu machen.

Im Herbst hat Sofias Bürgermeisterin Jordanka Fandukova die Bereitschaft der Stadt erklärt, der Gemeinde bei ihrem Museumsprojekt zu helfen. Ein Innenarchitekt ist bereits gefunden und auch eine kommunale Firma, die ein Beleuchtungssystem installieren wird. »Die Wände des Kellerkorridors lassen wir unverputzt, sie ergeben ein bisschen die Atmosphäre einer Gasse in einem jüdischen Viertel«, so Djerassi.

austausch Der interaktive Charakter des künftigen Museums soll durch den Einsatz moderner audiovisueller Techniken und Computeranimationen erreicht werden. Schon beim Jubiläum vor zwei Jahren dienten die Kellerwände als Projektionsflächen. »Wir hoffen, mit zeitgenössischen Präsentationsformen auch jüngere Leute anzusprechen«, sagt Djerassi. Der bisherige Museumsraum solle zum Ort für Wechselausstellungen, Seminare und Vorträge werden. »Wir sind sehr am Austausch mit anderen Institutionen, auch im Ausland, interessiert.«

Das neue Museum soll kein Holocaustmuseum werden, sondern ein »Museum der Geschichte, der Rettung und des Lebens der bulgarischen Juden«, betont der Gemeindechef. Man wolle zeigen, welchen Beitrag Juden zur historischen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung des Landes geleistet haben. »Wir möchten den Jungen von der fruchtbaren Symbiose erzählen, in der Volksgruppen wie Bulgaren, Türken, Roma, Armenier und Juden in Sofia und anderen bulgarischen Städten über Jahrhunderte hinweg gelebt haben.«

Djerassi bedauert, dass in Bulgarien zu wenig gegen Fremden- und Minderheitenfeindlichkeit getan wird. Vergangenes Jahr im Mai griffen Nationalisten das Freitagsgebet in der bei der Synagoge gelegenen Banja-Baschi-Moschee an. Und im Herbst kam es nach pogromartigen Ausschreitungen in dem Dorf Katunitsa zu antiziganistischen Kundgebungen in mehreren Großstädten des Landes. »In solch einer Situation kann unser Museum wichtige Aufklärungsarbeit leisten«, hofft Djerassi.

USA

Der Lautsprecher

Howard Lutnick gibt sich als Architekt der amerikanischen Zollpolitik. Doch der Handelsminister macht sich mit seiner aggressiven Art im Weißen Haus zunehmend Feinde

von Sebastian Moll  18.04.2025

Ungarn

Die unmögliche Geige

Dies ist die zutiefst berührende Geschichte eines Musikinstruments, das im Todeslager Dachau gebaut und 70 Jahre später am Balaton wiedergefunden wurde

von György Polgár  17.04.2025

Medien

Noa Argamani ist auf der »Time 100«-Liste

Alljährlich präsentiert das »Time Magazine« die 100 einflussreichsten Menschen der Welt. 2025 ist auch eine freigelassene israelische Geisel dabei

 17.04.2025

USA

Neuauflage von Weinstein-Prozess startet

Vor gut einem Jahr überraschte ein Gericht in New York die Welt und hob das historische Vergewaltigungsurteil gegen Harvey Weinstein auf. Nun wird über die Vorwürfe erneut verhandelt

von Benno Schwinghammer  14.04.2025

Türkei

Die Optimistin

Liz Behmoaras schrieb über das jüdische Leben im Land – und für das Miteinander. Ein Nachruf

von Corry Guttstadt  14.04.2025

Ägypten

Gefährliches Paradies

Der Sinai ist einer der wenigen Urlaubsorte im Ausland, den Israelis auf dem Landweg erreichen können. Gern auch zu Pessach. Aber zu welchem Preis?

von Matthis Kattnig  11.04.2025

Feiertag

Putzen, Plagen, Playmobil

Neben Mazza und Haggada bietet Pessach Raum für ganz neue, individuelle Rituale. Wir haben uns in sieben Familien in Europa und Israel umgehört

von Nicole Dreyfus  11.04.2025

Israel-Boykott

Johnny Rotten nennt Hamas »einen Haufen von ›Judenvernichtern‹ «

Eine irische Zeitung hat versucht, den Ur-Punk Johnny Rotten vorzuführen, der sich kraftvoll gegen einen Boykott Israels wehrt. Das ging gründlich schief

von Sophie Albers Ben Chamo  10.04.2025

USA

Eine Hochschule und ihr LGBTQ-Klub

Die einen feiern den »Meilenstein für queere Juden«, die Yeshiva University rudert zurück. Nicht nur die orthodoxe Gemeinschaft ist verwirrt

von Sophie Albers Ben Chamo  10.04.2025