Nach dem Anschlag auf einen koscheren Supermarkt in Paris hat die französische Regierung massive Sicherheitsmaßnahmen für die 717 jüdischen Einrichtungen und Schulen des Landes angekündigt. Ein Aufgebot von fast 5000 Polizisten soll für ihre Sicherheit abgestellt werden.
Zudem sollen 10.000 Soldaten besonders gefährdete Orte schützen. Ermittlungsbehörden untersuchen derzeit, ob der Attentäter des koscheren Supermarkts es ursprünglich auf die jüdische Schule Yaguel Yaacov in Montrouge abgesehen hatte.
Schuldirektorin Catherine Hacoun sagte der britischen Zeitung »The Guardian«, es bestehe ein starker Verdacht, dass die Schule das wahre Ziel des Attentäters gewesen sei. Amedy Coulibaly hatte in der Nähe der Schule eine Polizistin erschossen, bevor er den Supermarkt überfiel.
Tatort Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Außenminister Avigdor Lieberman besuchten am Montag den Ort der Geiselnahme an der Porte de Vincennes im Pariser Osten. Netanjahu forderte alle Staaten auf, entschlossen gegen den Terror zu kämpfen. Der Premier traf außerdem hochrangige Vertreter der jüdischen Gemeinde. Vor dem koscheren Supermarkt wurde Netanjahu mit »Bibi, Bibi«-Rufen empfangen.
Er sagte, es gebe eine direkte Verbindung zwischen Anschlägen extremistischer Islamisten auf der ganzen Welt und den Geschehnissen im Pariser Supermarkt »Hyper Cacher«. »Ich erwarte von allen führenden Politikern, mit denen ich am Sonntag durch die Straßen von Paris gelaufen bin, den Terrorismus zu bekämpfen, wo immer er auftritt, auch wenn er gegen Israel und Juden gerichtet ist.«
Alija Der Premier ermunterte Frankreichs Juden zur Ausreise. Er erklärte, sie seien in Israel stets willkommen. »Juden haben eine Möglichkeit, die es früher nicht gab: nämlich im einzigen jüdischen Staat der Welt, in Israel, in Freiheit zu leben.« Bereits zuvor hatte er erklärt, Israel sei »die Heimat« der Juden – was der Pariser Regierung missfiel, fürchtet sie doch eine massive Auswanderung von Juden.
Die israelische Tageszeitung Haaretz berichtete unterdessen, Netanjahu sei bei der Pariser Demonstration am Sonntag nicht willkommen gewesen, denn Frankreichs Präsident François Hollande wolle den israelisch-palästinensischen Konflikt nicht importieren. Netanjahu hätte in letzter Minute beschlossen, doch nach Paris zu fliegen. Außenminister Lieberman dementierte diese Information.
Situation Auch der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, traf am Montag in Paris mit François Hollande zusammen, um mit ihm über die Situation der jüdischen Gemeinde in Frankreich nach den Anschlägen zu sprechen.
Lauder zeigte sich erfreut über die Solidaritätskundgebungen am Sonntag, an denen in ganz Frankreich fast vier Millionen Menschen teilgenommen hatten, und lobte die verstärkten Sicherheitsmaßnahmen der Regierung. Er räumte ein, es sei zwar nicht möglich, vor jedes jüdische Geschäft einen Polizisten zu stellen, doch in der derzeitigen Situation habe man keine andere Wahl, als die Sicherheitsmaßnahmen zu erhöhen, vor allem in jüdischen Schulen.
»Frankreichs jüdische Gemeinde erlebt die schlimmsten Angriffe seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Wir müssen gemeinsam sicherstellen, dass unsere Freiheiten gewährleistet wird und wir den Krieg gegen den Terror gewinnen«, sagte Lauder. Nach seinen Worten denkt der Jüdische Weltkongress darüber nach, demnächst ein Büro in Paris zu eröffnen.