Auf seiner Webseite nennt er sich »der amerikanische Rabbi«. Tatsächlich kann man sich kaum einen typischeren Amerikaner vorstellen als Shmuley Boteach: Klein und quirlig ist er, außerdem wirkt er immer irgendwie hemdsärmelig, auch dann, wenn er gerade Anzug und Krawatte trägt.
Es ist aufschlussreich, Rabbi Shmuley Boteach mit Jonathan Sacks zu vergleichen, dem Oberrabbiner von Großbritannien. Beide verbinden strikte Orthodoxie mit Weltoffenheit (ja, das geht!). Beide sind gestandene Verteidiger Israels und gleichzeitig Gesprächspartner frommer Muslime.
Beide wurden früh in ihrem Leben von Chabad geprägt und sind später ihre eigenen Wege gegangen. Aber während der britische Rabbi gelassen und bedächtig wirkt, beinahe staatsmännisch, tritt Boteach sogar in seinen weisen Momenten so auf wie der nette Kumpel von nebenan.
Zurückstehlen Sein jüngstes Buch heißt Kosher Jesus, und er hat sich damit sofort den Zorn von ultraorthodoxen Rabbinern zugezogen, die beim Lesen wohl nicht über den provozierenden Titel hinausgekommen sind. Boteachs Buch ist ein Versuch, Jesus von den Christen zurückzustehlen, die ihn ihrerseits vor 2.000 Jahren den Juden geklaut haben.
Jesus, schreibt Boteach, sei ein guter pharisäischer Rabbi gewesen, im Gegensatz zu Paulus, bei dem es sich um einen Lügner und Scharlatan gehandelt habe, der das Gerücht in die Welt setzte, der antirömische Rebell Jesus sei der »Sohn Gottes« gewesen. Allerdings muss Shmuley Boteach klar gewesen sein, dass er mit diesem Buch Streit auslösen würde. Schließlich ist ihm das schon vorher mit seinem Bestseller Koscherer Sex hervorragend gelungen.
Jetzt will der Rabbi, der in New Jersey wohnt, als Vertreter seines Wahlkreises in den US-Kongress einziehen. Er wäre der erste jüdische Geistliche, der von Amts wegen auf dem Kapitol in Washington residiert. Und nur Leute, die sein Werk nicht kennen, werden überrascht sein, dass dieser coole Rabbi auf der Liste der Republikaner kandidieren möchte. Boteach ist außenpolitisch für ein starkes Amerika, innenpolitisch für die Stärkung von Familien, für eine Besinnung auf die gemeinsamen Werte von Juden- und Christentum.
Kein Zweifel, ein Rabbi Boteach im Kongress wäre eine Bereicherung. Es gibt nur ein kleines Problem dabei: Die meisten Leute in New Jersey wählen traditionell die Demokraten.