Brasilien

Senor Abravanels Erbschaft

São Paulo bekommt zum Jahresende eine neue Synagoge geschenkt. Derjenige, der sie stiftet, heißt Senor Abravanel, den jeder Fernsehzuschauer in Brasilien als Silvio Santos kennt. Die Synagoge schenkt er der Gemeinde in Jardim Paulistano, einem aufstrebenden Viertel der 20-Millionen-Metropole. Aber zugleich ist es auch ein Geschenk an ihn selbst, denn Santos feiert am 12. Dezember seinen 80. Geburtstag.

Die erste sefardische Synagoge in São Paulo wurde 1924 im alten Zentrum Bela Vista errichtet, wo sie noch immer steht. Obwohl sie 1964 gründlich renoviert wurde, ist sie längst viel zu klein und baufällig. Nun hat Silvio Santos beziehungsweise Senor Abravanel ein paar Millionen locker gemacht, damit die neue, große Synagoge die alte kleine ablösen kann. Nicht dass Santos zu den besonders frommen Juden gehört – seine Frau und seine Kinder sind Protestanten. Aber irgendwie ist es ihm doch ein Anliegen, nicht nur eine große, sondern auch eine geistige Erbschaft zu hinterlassen.

Possen und Proviant Senor Abravanel kam am 12. Dezember 1930 zur Welt. Er war der älteste von sechs Söhnen. Seine Eltern Alberto und Rebecca waren aus den Ruinen des Osmanischen Reiches geflohen. Der kleine Senor schlug sich als Straßenhändler für Schulbedarf durch, obgleich er selbst kaum Lesen und Schreiben gelernt hatte. Aber sein Talent, die Leute herumzukriegen, machte ihn bald bekannt. Mit 20 unterhielt er die Passagiere auf einer Fähre mit Possen und dem Verkauf von Proviant. Zehn Jahre später war er ein Radiomann, dann Fernsehunterhalter, schließlich der Boss des drittgrößten brasilianischen TV-Konzerns. Seine fünfstündige Sonntagsshow, die er ganz allein bestreitet, ist in 33 Jahren nicht ein Mal ausgefallen.

Santos’ Urahn, ein gewisser Dom Isaac Abravanel, war Finanzberater der Katholischen Könige Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragon, die den Islam von der Iberischen Halbinsel vertrieben und Kolumbus die Entdeckung der Neuen Welt gestatteten. Lange konnte sich Dom Isaac aber nicht in Spanien halten, denn die Könige begannen per Inquisition eine barbarische Vendetta gegen Andersgläubige, besonders gegen Juden. Die Abravanels wurden, wie so viele andere Juden, über die Welt verstreut.

Die Geschichte der Sefarden in Brasilien ist alt. Lange bevor aschkenasische Juden aus Westeuropa nach Brasilien kamen, hatten sich dort bereits sefardische Gemeinden gebildet. Die älteste Synagoge in der Neuen Welt wurde 1636 unter den Holländern in Recife errichtet, und die ersten Juden New Yorks kamen just von dort. Nach dem Willen von Silvio Santos soll in der neuen, großen Synagoge von São Paulo ein Kulturzentrum errichtet werden, das die Geschichte der Sefarden erzählt.

Belgien

IS droht mit Anschlägen auf Synagogen und Kirchen

Die Hintergründe

 18.12.2025

Sydney

Jüdische Bäckerei schließt wegen Antisemitismus

Nach Jahren der Anfeindungen und dem schwersten antisemitischen Anschlag auf australischem Boden hat eine beliebte jüdische Bäckerei für immer geschlossen

 18.12.2025

Strassburg

Glühwein und Kippa

In der selbst ernannten »Weihnachtshauptstadt« lebt eine traditionsbewusste jüdische Gemeinde. Wie passt das zusammen? Eine Reise zu koscheren Plätzchen und Pralinen mit »Jahresendgeschmack«

von Mascha Malburg  18.12.2025

Meinung

Weitermachen oder die jüdische Resilienz

Verfolgung, Exil und Gewalt konnten es nicht brechen: Die Widerstandsfähigkeit des jüdischen Volkes prägt seine Geschichte bis heute

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Australien

Bericht: Die Heldentat von Ahmed Al-Ahmed sorgt auch in Syrien für Jubel

Die Berichterstattung über den »Helden von Sydney« hat auch dessen Heimatort erreicht und bringt Stolz in eine Trümmerlandschaft

 18.12.2025

Berlin

Ehrung von Holocaust-Überlebenden

Die »International Holocaust Survivors Night« ehrt jedes Jahr Überlebende der Schoah. Die virtuelle Veranstaltung hat sich inzwischen zu einer Feier entwickelt, an der Teilnehmende aus fast 20 Ländern mitwirken

 18.12.2025

Sydney

Abschied von jüngstem und ältestem Opfer

Ganz Australien trauert: Die 10-jährige Matilda und der 87-jährige Holocaust-Überlebende Alex Kleytman sind beerdigt worden

 18.12.2025

Faktencheck

Bei den Sydney-Attentätern führt die Spur zum IS

Nach dem Blutbad am Bondi Beach werden auch Verschwörungsmythen verbreitet. Dass der jüngere Attentäter ein israelischer Soldat sei, der im Gazastreifen eingesetzt wurde, entspricht nicht der Wahrheit

 17.12.2025

Analyse

Rückkehr des Dschihadismus?

Wer steckt hinter den Anschlägen von Sydney – und was bedeuten sie für Deutschland und Europa? Terrorexperten warnen

von Michael Thaidigsmann  17.12.2025