Politik

Schweden erkennt Palästina als Staat an

Schwedens Außenministerin Margot Wallström und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am Rande der Geberkonferenz in Kairo Mitte Oktober Foto: dpa

Der neue sozialdemokratische schwedische Ministerpräsident Stefan Lövfen hatte schon kurz nach der Regierungsbildung seiner Partei Anfang Oktober angekündigt, Palästina als eigenständigen Staat anerkennen zu wollen.

Dieser Absichtserklärung folgte am Donnerstagmorgen die Bestätigung durch Außenministerin Margot Wallström. Alle völkerrechtlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung Palästinas seien erfüllt – es gebe ein Volk, eine Regierung und ein Territorium.

Völkerrecht Lisa Abramowicz von der schwedischen Israelinformation kritisiert diesen Schritt als »Fehler«. Denn die Palästinensische Autonomiebehörde habe keine Kontrolle über ihr Gebiet, so Abramowicz. Somit sei eines der völkerrechtlichen Argumente hinfällig. »Länder wie Taiwan und Kurdistan, die sehr wohl Kontrolle über ihr jeweiliges Gebiet haben, sind von Schweden nicht anerkannt«, kritisiert Abramowicz.

Doch die sozialdemokratische Minderheitsregierung will die Anerkennung Palästinas nicht als Parteinahme verstanden wissen. Vielmehr wolle man »mit der Stärkung des Schwächeren« die Hoffnung auf eine Zwei-Staaten-Lösung wiederbeleben, so Wallströms Begründung. Anlass für die Anerkennung zum jetzigen Zeitpunkt, sei Israels Siedlungspolitik, so die Sozialdemokratin.

Sie kündigte zugleich an, Schwedens Unterstützung für die Palästinensische Autonomiebehörde um umgerechnet 55 Millionen Euro auf jährlich 170 Millionen Euro zu erhöhen.

Tragweite Der Beschluss der schwedischen Regierung hat historische Tragweite. Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass sie ihn am Donnerstagmorgen zuerst in DN Debatt, Schwedens größter Tageszeitung, lancierte – lange vor der eigentlichen Pressekonferenz am Donnerstagvormittag.

So kommentieren die schwedischen Medien die Entscheidung auch als »Debattenbeitrag« und interpretieren ihn als Versuch der schwedischen Regierung, die Diskussion um den Friedensprozess im Nahen Osten anzuregen.

Lisa Abramowicz kritisiert die Unterstützung der schwedischen Regierung für die Palästinenser als »Plakatpolitik« – zumal sie keinerlei Forderungen an die Autonomiebehörde stelle, die in puncto Israelhetze der Hamas in nichts nachstehe, so Abramowicz.

Reaktionen »Dieser Schritt bedeutet auch, einen Staat anzuerkennen, der nicht zuletzt teilweise von der terroristischen Hamas kontrolliert wird, die Israel zerstören will«, hieß es in einer Erklärung des European Jewish Congress. Es wirke schon sehr bizarr, dass sich eine ausländische Regierung in Zeiten, in denen in Syrien oder im Irak Chaos und Massenmord herrschen, einen solche signifikanten Schritt unternehme.

Auch die bürgerliche Opposition kritisiert den Beschluss. Sie wirft Lövfens Minderheitsregierung vor, die anderen Parteien im Parlament bei dieser wichtigen Frage übergangen zu haben.

Nicht zuletzt dürfte Löfvens Schritt jedoch auch innenpolitische Gründe haben: als Signal an die schwedische Linkspartei. Die fordert seit Jahren, Palästina anzuerkennen. Im November steht im schwedischen Parlament eine wichtige Haushaltsabstimmung bevor. Die Sozialdemokraten verfügen jedoch über keine eigene Mehrheit im Parlament. Mit ihrem Beschluss, Palästina als Staat anzuerkennen, dürfen sie nun auf die Unterstützung der Linkspartei hoffen.

Web

Schwarmintelligenz auf Abwegen

Alle benutzen Wikipedia, aber kaum einer weiß, dass es immer wieder Manipulationsversuche gibt. Auch bei Artikeln zum Thema Israel

von Hannah Persson  10.02.2025

Rassismus auf WhatsApp

Britischer Staatssekretär entlassen

Andrew Gwynne hatte sich über den »zu jüdisch« klingenden Namen eines Mannes lustig gemacht

 09.02.2025

USA

Der andere Babka-King

Chris Caresnone will Menschen zusammenbringen. Dazu probiert der Influencer live Gerichte aus. Die jüdische Küche hat es ihm besonders angetan. Ein Gespräch über Gefilte Fisch und Menschlichkeit

von Sophie Albers Ben Chamo  09.02.2025

Rom

Achtjähriger getreten, geschlagen und bedroht, weil er eine Kippa trug

Der Täter zückte einen abgebrochenen Flaschenhals, als die Mutter und eine Ladeninhaberin ihn aufhalten wollten

 07.02.2025

Brüssel

Kurswechsel in Belgien?

Am Montag vereidigte König Philippe die neue Föderalregierung unter Führung des flämischen Nationalisten Bart De Wever. Nicht nur im Hinblick auf Nahost dürfte sich einiges ändern

von Michael Thaidigsmann  04.02.2025

Angouleme

Charlie-Hebdo-Karikaturist für Comic über Nazi-Raubkunst geehrt

Nach der Terrorattacke auf sein Satire-Blatt vor zehn Jahren wurde Renald Luzier Comic-Buch-Autor

 03.02.2025

Berlin

Friedman: Totalitäre Regime verbreiten Fantasiegeschichten

Der Publizist sieht die westlichen Demokratien zunehmend unter Druck

 03.02.2025

Andorra

Kleiner, sicherer Hafen?

Die Toleranz hat Geschichte im Zwergstaat zwischen Frankreich und Spanien. Aber die jüdische Gemeinschaft darf keine erkennbare Synagoge haben

von Mark Feldon  02.02.2025

Italien

Kaffeeklatsch in Cinecittà

In den 50er- und 60er-Jahren kam Hollywood in die Ewige Stadt. Stars wie Marlon Brando, Audrey Hepburn und Charlie Chaplin zogen nach Rom. Ein neues Buch liefert den Tratsch dazu

von Sarah Thalia Pines  02.02.2025