»Einige fragen sich, ob es einen Plan gibt, Religion und Glauben und die dazugehörigen Schulen zu schwächen«, klagt Joshua Rowe, der Direktor der King-David-Schule in Manchester in einem Brief an die Elternschaft über den »muskulären Liberalismus« der britischen Schulaufsichts- und Prüfungsbehörde Ofsted (Office for Standards in Education, Children’s Services and Skills).
King David, eine öffentliche jüdische Sekundarschule, an der auch orthodoxe Jugendliche lernen, hatte sich bisher nur als »gute Schule« verstanden. So erwähnen sowohl Rowe als auch die Aufsichtsbehörde, dass viele Absolventen an renommierten Universitäten angenommen wurden. Doch derartiges, so Rowe, sei plötzlich nicht mehr relevant. Die Aufsichtsbehörde beschäftige sich stattdessen bevorzugt mit den Themen Sex und Geschlecht. Bei der letzten Evaluation erhielt die Schule erstmals die Note »ungenügend« und muss sich nun mit den Verbesserungsvorschlägen der Behörde auseinandersetzen.
Aufsichtsbehörde Worum geht es? Seit einigen Jahren versucht die schulische Aufsichtsbehörde überall im Land gesetzliche Mindeststandards durchzusetzen. Ausschlaggebend ist das britische Gleichberechtigungsgesetz von 2010.
Vor fünf Jahren gab es zum Beispiel an einer muslimischen Schule in Birmingham Probleme, weil der Sexualkunde- und Biologieunterricht reduziert wurde und neuerdings geschlechtsgetrennt durchgeführt wurde. Ofsted schritt dagegen ein.
Die King-David-Schule in Manchester ist dreigeteilt. Schüler und Schülerinnen können wählen, ob sie in gemischten, in Jungen- oder in Mädchenklassen lernen möchten. Die Ofsted-Behörde bemängelt nicht die Segregation an sich, sondern die fehlenden Möglichkeiten, Kontakt mit Schülern des anderen Geschlechts zu haben. Außerdem hat die Behörde festgestellt, dass die Auswahl der Fächer für die segregierten Schüler geringer ist als in den gemischten Klassen. Hinzu kommt, dass die getrennten Klassen einen längeren Schultag haben. Ofsted kritisiert außerdem, dass den Mädchenklassen weniger außerschulische Aktivitäten zur Auswahl stünden, was benachteiligend sei.
Geschlechtertrennung Gegenüber der »Jüdischen Allgemeinen« wiederholte die Behörde, dass die Geschlechtertrennung selbst kein Problem darstelle, jedoch die Tatsache, dass die Andersbehandlung unter ein und demselben Dach geschehe. Handelte es sich um zwei völlig voneinander getrennte Schulen, käme es nicht zu Vergleichsituationen und damit auch nicht zu Diskriminierung.
Die Leitung der King David erwägt nun, ob man sich in drei separate Schulen aufgliedern, sich den Richtlinien beugen oder gar Klage gegen Ofsted einlegen sollte. Laut den Rechtsberatern der Schule hat Ofsted die Schule falsch eingestuft, denn alle Schüler könnten frei wählen, in welchem der drei Schulzweige sie lernen wollen.
Im Januar war die King-David-Schule in die lokalen Schlagzeilen geraten, nachdem sich eine 16-jährige Schülerin des Mädchenzweigs das Leben genommen hatte. Schuldirektor Joshua Rowe vermutet, dass dadurch Ofsteds Aufmerksamkeit geweckt wurde, denn einige Eltern meinten damals, der Suizid habe etwas mit der Schule zu tun.