Frankreich

»Schulen zentrale Orte gegen religiösen Hass«

Seit Langem wird die Palästinensische Autonomiebehörde in Ramallah dafür kritisiert, dass antiisraelische Inhalte nicht aus Schulbüchern entfernt werden. Foto: imago stock&people

Religiöser Hass beginnt oft schon in der Schule, wie zuletzt die jüngste Eskalation des Nahostkonflikts gezeigt hat. Bei einer Online-Diskussion am Donnerstag, die vom Institut für Glaubensfreiheit und Sicherheit in Europa (IFFSE) veranstaltet wurde, wurde unter anderem die Frage aufgeworfen, was dagegen getan werden kann.

Der Vizepräsident des Dachverbandes der jüdischen Organisationen in Frankreich (CRIF), Yonathan Arfi, gab einen Einblick in die Situation des französischen Bildungswesens. »Schulen spielen eine zentrale Rolle im Kampf gegen religiösen Hass«, betonte Arfi. In den letzten Jahren hätten jedoch viele jüdische Schüler in Frankreich öffentliche Schulen verlassen und seien auf jüdische und andere private Einrichtungen gewechselt. Hintergrund für die Entwicklung seien Stigmatisierung und Angriffe.

austausch Lehrer berichteten oft, dass sie im Unterricht über den Holocaust auf Proteste von Schülern stießen, erklärte Arfi. Viele hätten den Eindruck, dass es mit der Erinnerung an die Nazi-Verbrechen nun genug sei. »Es gibt aber einen Bedarf an Austausch, auch über das Gedenken an historische Ereignisse«, mahnte er. Außerdem würden Juden im Unterricht oft nur als Opfer behandelt; ihre positiven Beiträge zur französischen und europäischen Kultur seien seltener ein Thema an Schulen.

Marcus Sheff, Geschäftsführer von Impact-SE, einer Organisation, die Schulbücher und Lehrpläne auf die Einhaltung der von der UNESCO definierten Standards für Frieden und Toleranz analysiert, blickte mit Sorge auf den Nahen Osten, insbesondere auf die palästinensischen Gebiete. »Die Schulbücher dort sind eine Blaupause für Radikalisierung und Extremismus«, warnte Sheff.

SCHULBÜCHER Werte wie Mäßigung, Toleranz und Friedensstiftung fehlten in Schulbüchern dort völlig. Auch wenn es in der Region Fortschritte bei den Lehrplänen gebe, sogar in Ländern wie Saudi-Arabien, sei gerade diese die Region immer noch voll von Negativbeispielen. In der Türkei etwa habe unter Präsident Recep Tayyip Erdogan eine Radikalisierung des Lehrplans stattgefunden. An Schulen werde der Dschihad, der heilige Krieg gegen Nichtmuslime, verherrlicht und ein aggressiver Neo-Ottomanismus als zentraler Wert gelehrt, so Sheff. Im Iran werde in Schulbüchern zur Dämonisierung von Juden und Israel aufgerufen.

Die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier verurteilte die Untätigkeit der Palästinensischen Autonomiebehörde gegen Hetze in Schulbüchern und forderte, dass Pädagogen, die EU-Gelder erhielten, sich an den UNESCO-Standards messen lassen müssten. Hohlmeier rief die Organe der EU auf, dafür zu sorgen, dass die Finanzmittel auch Frieden und Toleranz in den Schulen förderten.

»Es muss sichergestellt werden, dass Dritte Unionsmittel nur für Schulbücher und Lehrmaterial verwenden, die unsere gemeinsame Werte widerspiegeln und die UNESCO-Standards zur Förderung von Frieden, Toleranz und Koexistenz in der Schulbildung vollständig einhalten.« Das Lehren von Toleranz müsse Priorität sein für alle europäische Regierungen. Niemand dürfe es zulassen, diese »lebenswichtige Aufgabe in Drittländer auszulagern«.

AUSBILDUNG Peter Rosengard, Gründer und Vorsitzender von Since 9/11, einer britischen Wohltätigkeitsorganisation, die Schüler über die Ereignisse, Ursachen und Folgen des 11. September aufklärt, forderte, dass die Vermittlung von Toleranz und Harmonie, Respekt und friedlichem Zusammenleben die Grundlage eines jeden Lehrplans sein müsse. »So wie wir derzeit die Welt gegen Covid-19 impfen, müssen wir auch die ganze Welt gegen Hass impfen«, sagte er.

Der Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt, forderte in der Debatte eine bessere Ausbildung religiöser Führer. »Hass und falsche Narrative erhöhen die Gefahr von wachsendem Extremismus und Terrorismus. Deshalb müssen nicht nur Schüler, sondern auch religiösen Führer die grundlegenden Prinzipien und Werte Europas gelehrt werden«, betonte er. mth

Belgien

Fantasien über Mord an Juden fallen unter die Meinungsfreiheit

Entsetzen in der jüdischen Gemeinschaft: Ein Kolumnist wurde vom Vorwurf der Aufstachelung zur Gewalt gegen Juden freigesprochen

von Michael Thaidigsmann  12.03.2025

Österreich

Zwei Wochen lang »Shalom Oida«

Das Jüdische Filmfestival in Wien präsentiert die Realität jüdischen Lebens – von Antisemitismus bis Schidduch

von Stefan Schocher  11.03.2025

Frankreich

»Mach hier nicht auf Jude«

Eine Umfrage unter 2000 Jugendlichen zeigt, wie sich antisemitische Vorurteile auch an französischen Schulen ausbreiten

von Michael Thaidigsmann  10.03.2025

Porträt

Der Iberzetser

Dass Russen heute noch Einblick in die jiddische Literatur erhalten, ist vor allem Walerij Dymschiz zu verdanken. Ein Treffen mit dem Sprachmittler in seiner Stammkneipe in St. Petersburg

von Polina Kantor  09.03.2025

Großbritannien

Auf der Couch bei Ms. Freud

Sie ist die Urenkelin des prominentesten Psychologen der Welt. In ihrem Video-Podcast »Fashion Neurosis« stellt Bella Freud die Fragen

von Nicole Dreyfus  08.03.2025

Dokumentation

»Mein Name ist Gal. Und ich bin Jüdin«

Die israelische Schauspielerin Gal Gadot erhielt den International Leadership Award der ADL. Ihre Dankesrede fällt kämpferisch aus

 07.03.2025

Madrid

Polizei fahndet nach Mann mit »Neonazi-Ästhetik«

Im Fall des vereitelten Brandanschlags auf die Pizzeria Rimmon Kosher in Madrid wurde bislang noch kein Verdächtiger verhaftet

 07.03.2025

Jesse Eisenberg

Erst gab es einen Oscar, jetzt die polnische Staatsbürgerschaft

In seinem Film »A Real Pain« nehmen zwei Cousins auf den Spuren ihrer Großmutter an einer Holocaust-Gedenktour in Polen teil

 06.03.2025

Spanien

Versuchter Brandanschlag auf jüdisches Restaurant in Madrid

Nur durch das schnelle Eingreifen des Personals konnte offenbar Schlimmeres verhindert werden

 06.03.2025