Großbritannien

Schock und Solidarität

Ein rassistischer Mob greift in Rotherham ein Hotel an, in dem Geflüchtete untergebracht sind. Foto: picture alliance / empics

Zuerst ein unfassbares Verbrechen an Kindern, dann ein rassistischer Mob, der britische Städte terrorisiert. Die meisten jüdischen Gemeinden haben sofort Solidarität gezeigt und Hilfe angeboten.

Nachdem ein 17-Jähriger am 29. Juli im nordwestenglischen Southport eine Kindertanzveranstaltung überfallen und drei Mädchen erstochen und zehn weitere Menschen verletzt hat, kam es in dem Küstenort mit knapp 95.000 Einwohnern nach einer Andacht am Abend zu schweren Ausschreitungen. Diese breiteten sich in den folgenden Tagen auch auf andere britische Orte aus.

Falschmeldungen über einen angeblich muslimischen Täter und die Hetze rechtsextremer Populisten stachelten den Mob an, der daraufhin Menschen, Moscheen und Asylbewerberunterkünfte angriff und sich Straßenschlachten mit der Polizei lieferte. Mehr als 400 Angreifer wurden festgenommen.

Hass, Gewalt und Vandalismus einer kleinen Minderheit

Die jüdische Gemeinschaft zeigte sich schockiert, aber auch sofort solidarisch. Oberrabbiner Sir Ephraim Mirvis unterzeichnete mit den muslimischen und christlichen Oberhäuptern Großbritanniens einen Brief, in dem sie gemeinsam verurteilten, dass »eine kleine Minderheit Hass, Gewalt und Vandalismus in die Städte des Landes gebracht hat«, und zu einem »konstruktiven und mitfühlenden Dialog über Einwanderung und sozialen Zusammenhalt« aufriefen.

In Southport selbst habe die kleine jüdische Gemeinde an der Mahnwache der Stadt für die Toten und Verletzten teilgenommen, berichtet »Jewish News«.

Es sei eine schwierige Zeit für die Gemeinde, wird Victor Isenwater, der Vorsitzende der Southport Hebrew Congregation, zitiert. Auch wenn glücklicherweise niemand aus der Gemeinde Opfer der Tragödie geworden sei, »sind wir alle von dem Schrecken betroffen, der unserer Gemeinde zugefügt wurde. Unsere Herzen sind bei den Familien der Hinterbliebenen und der Verletzten«. Am Schabbat sei dafür gebetet worden, dass sie »schnell und vollständig genesen«.

Den muslimischen Nachbarn sofort Hilfe angeboten

Isenwater fügte hinzu, dass die Gemeinde gute Beziehungen zur Moschee in Southport unterhalte. Man habe eine Botschaft an deren Vorsitzenden geschickt und Unterstützung angeboten. »Der Imam spricht seit mehreren Jahren beim Gottesdienst zum Holocaust-Gedenktag, den wir mitorganisieren. Die Beziehungen zwischen den Gemeinden sind uns wichtig, und wir können es nicht gebrauchen, dass in dieser schwierigen Zeit Spannungen geschürt werden«, so Isenwater.

Die Gemeinde habe außerdem Geld für das Alder-Hey-Kinderkrankenhaus in Liverpool gespendet, wo die bei dem Anschlag Verletzten behandelt werden. Auch andere jüdische Gemeinden wie die in Manchester und Sheffield haben ihren muslimischen Nachbarn sofort Hilfe angeboten.

»Angriffe auf Muslime, Schwarze, Angehörige anderer Minderheiten und unsere tapferen Polizeibeamten sind völlig inakzeptabel, und wir stehen in Solidarität mit allen Betroffenen«, zitiert der »Jewish Chronicle« den Präsidenten des Board of Deputies of British Jews, Phil Rosenberg. »Als Gesellschaft müssen wir besser sein als das hier. Wir brauchen ein nationales Gespräch darüber, wie wir den Respekt für unser Land und den Respekt füreinander fördern, wie wir den Extremismus bekämpfen und den Zusammenhalt stärken können.« Das Board of Deputies werde seinen Teil dazu beitragen.

Schweiz

Luzern: Zwei antisemitische Angriffe an einem Tag

Im beschaulichen Luzern griff ein Mann gleich zwei Menschen an, weil er sie offensichtlich für Juden hielt

 02.03.2025

USA

Tesla feuert Manager, der Musks Nazi-Koketterie kritisiert

Es beleidige ihn, wenn Musk sich »im Scherz« auf Nazis beziehe, die für Völkermord stehen, so der Manager

 02.03.2025

Frankreich

Tanz des Lebens

Paula Padani wirbelte durch die Welt, begeisterte Schoa-Überlebende genauso wie die Pariser Bohème. Endlich ehrt eine Ausstellung die Tänzerin der Hoffnung

von Sybille Korte  02.03.2025

USA

Überlebende des 7. Oktober 2023 verklagen den Sender Al-Dschasira

Die Kläger sagen, der katarische Sender helfe der Hamas und beschäftige Terror-Sympathisanten

 02.03.2025

Auschwitz

Israelflaggen von jüdischer Reisegruppe in Auschwitz beschlagnahmt

Grund für die Konfiszierung sei das Zeichen für die Geiseln, verteidigte sich das Museum. Die britische Reisegruppe einer Synagoge ist schockiert

 01.03.2025

Vatikan

Vor fünf Jahren öffnete der Vatikan seine Archive zu Pius XII. - Tausende Bittbriefe an den Papst, der öffentlich schwieg

Fünf Jahre ist es her, dass der Vatikan seine Archive zu Pius XII. öffnete. Die scharfen Debatten um »Hitlers Papst« sind leiser und differenzierter geworden. Auch weil die Archive einige Überraschungen bieten

von Roland Juchem  28.02.2025

Washington D.C.

US-Justizministerin fordert weiteres Epstein-Material an

Pam Bondi kündigt die Herausgabe brisanter Akten über den gestorbenen Sexualstraftäter an. Doch offenbar gibt es noch viel mehr Informationen

 28.02.2025

Washington D.C./Berlin

Donald Trump beschwert sich über neues Buch von Michael Wolff

Ein neues Sachbuch aus den USA, das auch auf Deutsch erschienen ist, sorgt beim amerikanischen Präsidenten für Unmut

 27.02.2025

Nachruf

Das Stricken half ihr, den Krieg zu überleben

Rose Girone war wohl die älteste Schoa-Überlebende der Welt. Nun ist sie im Alter von 113 Jahren gestorben

 27.02.2025