Knapp 3.000 Dollar ist Rechtsradikalen eine Polen-Rundreise mit dem britischen Holocaustleugner David Irving wert. Schauplätze des Zweiten Weltkrieges und der Judenverfolgung stehen auf der Reiseroute, so das ehemalige deutsche Vernichtungslager Treblinka bei Warschau, das frühere Ghetto in Warschau und die noch von den Nazis zerstörten Bunker im »Führerhauptquartier« bei Ketrzyn, dem füheren Rastenburg in Ostpreußen.
Proteste In Polen protestierten die antifaschistische Organisationen »Nigdy Wiecej!« (Nie wieder!) und »Otwarta Rzeczpospolita« (Offene Republik) gegen die Einreise des mehrfach verurteilten Holocaustleugners. Die »Offene Republik – Gesellschaft gegen Antisemitismus und Xenophobie« reichte Klage gegen Irving ein. »Warten wir nicht, bis Irving neue Verbrechen auf polnischem Gebiet begeht«, heißt es in der Klageschrift an die Staatsanwälte, die für die Ahndung nationalsozialistischer und kommunistischer Verbrechen an polnischen Staatsbürgern zuständig sind. Schon Irvings 2009 in Polen erschienenes Buch Hitlers Krieg, heißt es in der Klageschrift weiter, erfülle den Straftatbestand der Holocaustleugnung.
Anders als angekündigt schien Irving schon am Montag nach Polen gekommen zu sein. Telefonisch ließ er Journalisten der Tageszeitung Gazeta Wyborcza wissen, dass er und seine Reisegruppe bereits in Krakau gelandet seien. Zu seiner Reiseroute wollte sich Irving »aus Sicherheitsgründen« nicht äußern, schrieb das Blatt. Die »Geschichtsliebhaber« in seinem Tross hätten für den Ausflug bezahlt und sollten nicht gestört werden. Tags darauf sagte er Journalisten der Nachrichtenagentur AFP am Telefon: »Ich bin nun in Warschau und werde neun Tage lang in Polen bleiben.« Auf die Frage, ob er das ehemalige NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau in der Nähe von Krakau schon besucht habe oder dies in den nächsten Tagen tun werde, ging Irving nicht ein.
Täuschungsmanöver Bis Dienstagabend hatte niemand Irving und seine Gruppe gesehen. Weder in Krakau noch in Warschau. Möglicherweise dienen seinen telefonisch weitergegebenen »Informationen« auch nur dazu, Polizei, Staatsanwaltschaft und Journalisten auf die falsche Fährte zu locken. Denn Irving, der seit Jahren nicht nur Hitlers Kriegsschuld und seinen Befehl zur Judenvernichtung leugnet, sondern auch behauptet, die Gaskammern in Auschwitz hätten nicht dem industriellen Massenmord an Juden gedient, weiß genau, dass ihm in Polen genauso eine Verhaftung und Verurteilung drohen wie bereits 2005 in Österreich.
Gegenüber Journalisten der Gazeta Wyborcza bekannte er allerdings, dass er eine Festnahme nicht sehr fürchte, denn »da müsstet ihr mich und meine Gruppe erst mal ausfindig machen. Wir reisen schließlich incognito durch Polen.«