Das rumänische Parlament hat beschlossen, Jugendliche näher ans Judentum heranzuführen. Das neue Pflichtfach »Die Geschichte des Holocaust und des jüdischen Volkes« soll ab 2024 in den weiterführenden Schulen dafür sorgen.
Ein Gesetzesentwurf dazu wurde vom Parlamentarischen Repräsentanten der jüdischen Minderheit, Silviu Vexler, der zugleich Vorsitzender des Bundes der Rumänischen Jüdischen Gemeinschaften ist, in Zusammenarbeit mit Vertretern mehrerer Parteien eingebracht.
methodik Lehrplan, Unterrichtsmaterial und Methodik soll das Bildungsministerium in Kooperation mit dem Nationalen Institut zur Erforschung des rumänischen Holocaust »Elie Wiesel« und den Mitgliedern des Ehrenrates des Holocaust-Museums entwickeln. Auch ausländische Organisationen, wie das United States Holocaust Memorial Museum und Yad Vashem, sollen eingebunden werden.
Das Gesetz passierte beide Kammern des Parlaments mit großer Mehrheit. »Dies ist ein historischer Moment, nicht nur für das Gedenken an alle Opfer des Holocaust, sondern auch für Rumänien«, sagte Vexler während der parlamentarischen Debatte. »Bildung und Verständnis sind unsere besten Mittel, um Demokratie und Freiheit zu kultivieren und gegen Antisemitismus, Intoleranz und Extremismus anzukämpfen.«
Die Abgeordneten der nationalistischen Allianz für die Vereinigung der Rumänen sprachen sich gegen die Einführung des neuen Faches aus. Ihrer Ansicht nach erwecke das Parlament damit den Eindruck, Rumänien sei ein antisemitisches Land, in dem Juden besonderen Schutz benötigten.
bildungsniveau Anfang Januar ging die Partei noch weiter: Laut ihrer Pressemitteilung seien der Unterricht über die Geschichte des Holocaust sowie Sexualkunde unbedeutende Themen, die das Bildungsniveau untergraben würden.
In den vergangenen Jahren hat der rumänische Staat viel für die jüdische Minderheit getan.
Auch die unabhängige Abgeordnete Diana Sosoaca hat wenig Verständnis: Sie verstehe nicht, warum das Thema in den Schulen obligatorisch sein soll, während in israelischen Schulen keine rumänische Geschichte unterrichtet werde. Der Regierungsbeauftragte für die Bekämpfung von Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit, Alexandru Muraru, begrüßt das Gesetz. Rumänien gehe einen bedeutenden Schritt, indem es Verantwortung für seine Vergangenheit übernimmt und die Erinnerung an den Holocaust unterstützt, erklärte er.
Auch der Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz, Moskaus Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, begrüßte die Bemühungen, den Holocaust und die jüdische Geschichte ins Bildungssystem aufzunehmen. »Es hilft uns, eine tolerantere und integrative europäische Gesellschaft für alle Religionen aufzubauen«, sagte er.
ZAHLEN Lebten vor dem Zweiten Weltkrieg noch etwa 700.000 Juden in Rumänien, sind es heute schätzungsweise nicht mehr als 4000. Viele sind seit 1990 nach Amerika oder Israel ausgewandert. Erst Anfang der 2000er-Jahre, im Rahmen des NATO-Beitritts und auf Druck der USA, erkannte der rumänische Staat an, dass die Regierung von Diktator Ion Antonescu für die Ermordung von fast 400.000 Juden und Roma in den Jahren 1941 bis 1944 mitverantwortlich war.
In den vergangenen Jahren hat der rumänische Staat viel für die jüdische Minderheit getan. Judenfeindliche Übergriffe gelten heute als Straftaten, die mit Gefängnisstrafen zwischen drei Monaten und zehn Jahren geahndet werden können. Das Parlament hat Gesetze zur Ausweitung der finanziellen Unterstützung von Holocaust-Überlebenden und ihren Nachfahren verabschiedet und fördert die Gründung des Museums für Jüdische Geschichte und den Holocaust.
Außerdem wurden im Nationalen Historischen Archiv Dokumente freigegeben, die sich mit dem jüdischen religiösen Leben, den jüdischen Gemeinden und Organisationen im Zeitraum zwischen 1938 und 1989 beschäftigen.