Eine Aussage des Vorsitzenden der rechtspopulistischen FPÖ, Norbert Hofer, stößt in Österreich auf Empörung bei den verschiedenen Religionsgemeinschaften. Hofer hatte am Dienstag bei einer FPÖ-Kundgebung in Wien gesagt: »Ich fürchte mich nicht vor Corona. Corona ist nicht gefährlich. Da ist der Koran gefährlicher, meine Lieben, als Corona.«
BELEIDIGUNG Mehrere muslimische Vereinigungen in Österreich zeigten sich empört und erstatteten Anzeige gegen den Politiker wegen Volksverhetzung. Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), Ümit Vural, forderte von Hofer eine Entschuldigung. Dessen Aussage sei eine »Beleidigung für die gesamte muslimische Bevölkerung« Österreichs.
Hofer war 2016 nur knapp bei der Wahl zum Bundespräsidenten gegen den Grünen-Politiker Alexander van der Bellen gescheitert. Im vergangenen Jahr übernahm er den Bundesvorsitz der Freiheitlichen, nachdem Heinz-Christian Strache im Zuge der Ibiza-Affäre zurückgetreten war. Zudem ist der 49-Jährige stellvertretender Präsident des österreichischen Nationalrats, ein Amt, das er bereits von 2013 bis 2017 inne hatte.
HETZE Es sei »ein gefährliches Zündeln, für das es in Österreich keinen Platz geben darf«, sagte der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Oskar Deutsch, am Freitag. Es sei nicht alleinige Aufgabe der Muslime, Hofers Worte zu verurteilen, so Deutsch, und die jüdische Gemeinschaft sei hier mit den anderen Glaubensgemeinschaften solidarisch. »Wir dürfen nicht zulassen, dass Hetze unser Land spaltet,« betonte Deutsch.
Die implizite Verharmlosung des Coronavirus durch den FPÖ-Chef sei auch »eine Verhöhnung der Erkrankten und Verstorbenen,« fügte der IKG-Präsident an. Man könne sich »glücklich schätzen, dass die FPÖ vor Ausbruch der Pandemie von den Wählerinnen und Wählern abgestraft wurde. Man mag sich gar nicht ausmalen, wie viele Menschenleben es zusätzlich gekostet hätte, hätte die politische Verantwortung noch bei blauen Corona-Verharmlosern gelegen.«
VORURTEILE Eine offene und ehrliche Auseinandersetzung über den politischen Islam, also auch den Missbrauch des Korans durch Extremisten, müsse mit und nicht gegen Muslime geführt werden, so Deutsch weiter.
Auch die höchsten Vertreter der Katholischen Kirche in Österreich, Kardinal Christoph Schönborn und Erzbischof Franz Lackner, fanden klare Worte zu Hofers Aussage. »Keine Religion in unserem Land darf schlecht gemacht werden«, erklärte Schönborn am Freitag.
WERTSCHÄTZUNG Lackner, seit kurzem Vorsitzender der österreichischen Bischofskonferenz, fügte hinzu: »Wir distanzieren uns vom Missbrauch von Religion in der Politik.« Auch in der politischen Auseinandersetzung müsse man ein Mindestmaß an Wertschätzung gegenüber den Religionsgemeinschaften zeigen.
IKG-Generalsekretär Benjamin Nägele schlug in dieselbe Kerbe: »Pauschale Zuschreibungen treiben einen Keil in die Gesellschaft, schüren Vorurteile und geben Extremisten verschiedener ideologischer Richtungen Auftrieb,« sagte er.