Auschwitz-Birkenau

Rücktritt aus Protest gegen »Politisierung«

Beata Szydlo war von 2015 bis 2017 polnische Ministerpräsidentin. Seit 2019 sitzt sie im Europaparlament. Foto: imago images/Eastnews

Die Berufung der ehemaligen polnischen Ministerpräsidentin Beata Szydło von der regierenden PiS-Partei in den Beirat der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau sorgt für Irritationen.

BRIEF Der jüdische Mathematiker und Philosoph Stanisław Krajewski, seit 2008 Mitglied des Gremiums, kündigte als Konsequenz aus der Ernennung Szydłos seinen Rückzug aus dem Beirat an und sprach von einer »Politisierung« des Gremiums. Das schrieb Krajewski in einem Brief an Polens Kulturminister Piotr Gliński, den die Zeitung »Gazeta Wyborcza« veröffentlichte.

»Heute habe ich (aus der Presse) erfahren, dass ich für eine weitere Amtszeit (2021-25) in den Rat des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau in Oświęcim berufen wurde. Ich habe dem einmal zugestimmt und mich mit der Leitung des Museums in Verbindung gesetzt. Es stellte sich jedoch heraus, dass diesmal auch Frau Beata Szydło […] dabei ist. Ich betrachte dies als eine Politisierung des Rates. In einer solchen Situation sehe ich keine Möglichkeit, dort weiter mitzuarbeiten«, so Krajewski.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Szydło war von November 2015 bis Dezember 2017 Ministerpräsidentin. Seit Juli 2019 ist die Politikerin, die an diesem Donnerstag ihren 58. Geburtstag feiert, Abgeordnete im Europäischen Parlament.

Während ihrer Amtszeit als Ministerpräsidentin hatte Szydło eine Rede in Auschwitz gehalten, die bei vielen Kopfschütteln auslöste. Der Ort sei eine »großartige Lehre« für heute, sagte sie damals. Es müsse deshalb »alles getan werden, um die Sicherheit und das Leben unserer Bürger zu verteidigen«, so die Regierungschefin. Beobachter kritisierten, damit habe sie Auschwitz als Rechtfertigung für ihre restriktive Flüchtlingspolitik benutzt.

REDE In ihrer Ansprache kam sie im Zusammenhang mit dem deutschen Vernichtungslager nur ein einziges Mal auf die jüdischen Opfer zu sprechen, nämlich als sie unterstrich, viele Juden seien von Polen gerettet worden. Kritiker warfen Szydło nach der Rede vor, das Gedenken für politische Zwecke zu instrumentalisieren. »Solche Worte sollte ein polnischer Ministerpräsident an einem solchen Ort niemals aussprechen«, schrieb damalige Präsident des Europäischen Rates und einer der Vorgänger Szydłos als Regierungschef, Donald Tusk, auf Twitter.

Neben Krajewski und Szydło hatte Piotr Gliński diese Woche auch die Wissenschaftler Bogdan Bartnikowski, Grzegorz Berendt, Tomasz Gąsowski, Edward Kosakowski, Marek Lasota, Krystyna Oleksy und Jan Nowak in den Beirat berufen. »Diese gesellschaftliche Aufgabe ist eine Ehre und große Pflicht für mich, eine Einwohnerin der Region Oświęcim«, erklärte Beata Szydło und dankte dem Kulturminister für ihre Ernennung. mth

Kalifornien

»Es ist okay, nicht okay zu sein«

Wie die jüdische Gemeinschaft in Los Angeles mit den verheerenden Bränden umgeht – ein Zeugenbericht

von Jessica Donath  13.01.2025

Essay

Ritt ins Verderben

Gedanken eines österreichischen Juden zu einer möglichen Kanzlerschaft des Rechtsextremisten Herbert Kickl

von Vladimir Vertlib  12.01.2025 Aktualisiert

Frankreich

Zuflucht vor Mobbing

Weil die Zahl antisemitischer Vorfälle dramatisch steigt, nehmen immer mehr jüdische Eltern ihre Kinder von öffentlichen Schulen und schicken sie auf private. Eine Erkundung in Paris

von Florian Kappelsberger  12.01.2025

Polen

Duda würde Netanjahu nicht verhaften lassen

Am 27. Januar jährt sich die Befreiung von Auschwitz zum 80. Mal. Kommt der israelische Ministerpräsident trotz eines Haftbefehls gegen ihn?

 09.01.2025

Kalifornien

Synagoge fällt Feuern von Los Angeles zum Opfer

Die riesigen Brände gefährden auch jüdische Einrichtungen

 08.01.2025

USA

Welcome to Jiddishland

Nirgendwo sprechen so viele Menschen Jiddisch wie in New York. Und es werden immer mehr. Die Mameloschen hat die Grenzen der chassidischen Communitys längst überschritten

von Jörn Pissowotzki  08.01.2025

Social Media

Elon Musk hetzt wieder gegen George Soros

Der Berater des designierten US-Präsidenten Donald Trump bedient sich dabei erneut der Figur des Magneto aus dem Marvel-Universum

von Ralf Balke  08.01.2025

Interview

»Die FPÖ gilt als Prototyp des Rechtspopulismus«

Demokratieforscher Simon Franzmann über den Rechtsruck in Österreich

von Michael Grau und Daniel Behrendt  08.01.2025

Meinung

Der Neofaschist Herbert Kickl ist eine Gefahr für Österreich

In der FPÖ jagt ein antisemitischer »Einzelfall« den anderen, ihr Obmann will die liberale Demokratie abschaffen und könnte schon bald Kanzler sein

von Bini Guttmann  08.01.2025