Es hätte ein wichtiger Moment in der Geschichte des jüdisch-christlichen Dialogs werden können. Am 21. März sollte erstmals ein Rabbiner im Kirchenschiff der berühmten Pariser Kathedrale Notre-Dame zu christlichen Gläubigen sprechen. Katholische Traditionalisten ließen es jedoch nicht so weit kommen.
konferenz Anlässlich einer Konferenz hatte der Erzbischof von Paris, Kardinal André Vingt-Trois, unter anderem Rabbi Rivon Krygier in die Kirche eingeladen. Doch als dieser vor den rund 1.000 versammelten Zuhörern das Wort ergreifen will, erhebt sich einer von ihnen und fordert die Anwesenden zu einem Rosenkranzgebet auf, um die »Beleidigung« vor Gott wieder gut zu machen.
Eine Gruppe von etwa 50 Leuten – allesamt Hardliner der Piusbruderschaft – kommt der Aufforderung nach und beginnt lautstark zu beten. Der Rabbiner verlässt daraufhin das Kirchenschiff und zieht sich auf Vorschlag des Erzbischofs in die Sakristei zurück. Während er von dort aus endlich mit seiner Rede beginnen kann, werden die Störer von Sicherheitsleuten hinausgebracht.
Kampagne Schon Wochen vor dem Zwischenfall hatten ultrarechte Vereinigungen innerhalb der katholischen Kirche eine Kampagne gegen die Konferenzreihe »Vatikanum II, ein Wegweiser für unsere Zeit« gestartet. Die Veranstaltung bezieht sich auf das Zweite Vatikanische Konzil von 1962 bis 1965, bei dem beschlossen wurde, die Beziehungen zwischen Christen und Juden zu verbessern.
Von derartigen Annäherungsversuchen halten die lefebvristischen Traditionalisten nichts. Für sie kommt es bereits einer Provokation gleich, wenn ein Rabbiner in einer Kirche zu Christen spricht, sei es auch nur im Rahmen einer Konferenz.
Im Internetforum der Bewegung ist zu lesen, der Rabbiner sei ein »jüdischen Fundamentalist gegen den Katholizismus«, weil die Juden »Jesus verleugnen«. Des Weiteren ist zu lesen, dass das fast 15 Minuten dauernde Protestgebet Unmut im Publikum ausgelöst habe und die Traditionalisten von mehreren Anwesenden als »Faschisten« und »Sektierer« beschimpft worden seien.
spannung Die Auseinandersetzung spiegelt die Spannung zwischen der gemäßigten Mehrheit und den traditionalistischen Katholiken in Frankreich wider. Letztere sahen sich vor allem durch Papst Benedikts Entscheidung, vier exkommunizierte ultra-traditionalistische Bischöfe 2009 wieder in die Kirche aufzunehmen, bestärkt. Bei einem von ihnen handelt es sich um den Holocaust-Leugner Richard Williamson.
Rabbiner Rivon Krygier hat seinerseits klargestellt, dass er trotz allem noch vollstes Vertrauen in den jüdisch-christlichen Dialog habe. Insbesondere in Frankreich seien diesbezüglich in den letzten Jahren große Fortschritte erreicht worden. »Die gemäßigten Christen, werden den Dialog jetzt noch eifriger verfolgen.«