Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, hat Israel aufgefordert, umgehend die Initiative für einen neuen Friedensprozess mit den Palästinensern zu starten, auf Mahmud Abbas zuzugehen und eine Zweistaatenlösung anzustreben. In einem Gastbeitrag für die »Washington Post«, der am Dienstag auf der Webseite der Tageszeitung veröffentlicht wurde, argumentierte Lauder, eine solche Friedensinitiative sei die einzige Möglichkeit, Israels Sicherheit langfristig zu gewährleisten.
Wörtlich schrieb der WJC-Chef: »Um diesen Prozess sofort in Gang zu setzen, sollte es (Israel) auf Mahmoud Abbas, den Chef der Palästinensischen Autonomiebehörde, zugehen und die Wiederaufnahme von Verhandlungen über ein Interims- oder sogar endgültiges Abkommen anbieten. Israel sollte den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, den ägyptischen Präsidenten Abdel Fatah El-Sisi und den jordanischen König Abdullah II. einladen, diesen diplomatischen Prozess zu unterstützen - und es sollte an die führenden Golfstaaten appellieren, den Wiederaufbau des Gazastreifens nach dem Krieg zu beaufsichtigen.«
Israel dürfe nicht in die ihm »vom Iran und der Hamas gestellte Falle« tappen und einen Krieg führen, der eine größeren Konflikt im Nahen Osten auslöse. »Der demokratische jüdische Staat darf die Missachtung des menschlichen Lebens durch seine Feinde nicht fortsetzen. Er muss seine moralische Überlegenheit bewahren, seine Legitimität auf internationaler Ebene sichern und die Unterstützung der Mehrheit der Amerikaner behalten«, so Lauder weiter. Ein komplexes militärisches Engagement erfordere «eine solide moralische Grundlage”, schrieb er in seinem Gastbeitrag.
Eine Friedensinitiative könne von entscheidender Bedeutung für den Aufbau starker »diplomatischer Partnerschaften«, die dann auch den Krieg gegen die Hamas unterstützen würden. Israel müsse eine positive Vision und einen Weg nach vorn aufzeigen.
VERHÄLTNIS Den Terrorangriff der Hamas auf israelische Zivilisten vor genau einem Monat nannte Lauder einen »Angriff brutaler Tyrannei gegen die Freiheit«, der auch ein »Angriff auf die Grundwerte und die Lebensweise der freien Welt« gewesen sei.
Er fügte an: »Leider erkennen viele diese einfache und schmerzliche Wahrheit nicht.« Eine Friedensinitiative in Kriegszeiten hingegen, ist der 79-jährige WJC-Präsident überzeugt, werde vielen auch im Westen »die Augen öffnen« und »Israel helfen, den Kampf um die Herzen und Köpfe zu gewinnen.«
Der Multimilliardär ist seit vielen Jahren Unterstützer der Republikanischen Partei in den USA und galt lange Zeit als Förderer des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. In den 90er Jahren flog Lauder mehrmals im Auftrag Netanjahus nach Damaskus, um mit dem damaligen Diktator Hafez al-Assad über einen möglichen Frieden zwischen Syrien und Israel zu sprechen.
Seit einigen Jahren war Lauder, der seit 2007 an der Spitze des Jüdischen Weltkongresses steht, nicht mehr in Israel. Sein Verhältnis zu Netanjahu gilt als zerrüttet. Mehrfach hat der WJC-Präsident in den vergangenen Jahren eine Zweistaatenlösung angemahnt und sich auch mit dem Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas getroffen.
Zuletzt waren Lauder und eine WJC-Delegation auch nach Katar gereist, um sich dort für die Freilassung der von der Hamas entführten Geiseln stark zu machen. mth