Das jüdische Ghetto in Venedig gilt als das erste in Europa. Die Synagogen aus dem 16. Jahrhundert sollen als Stätten des Glaubens und historische Bauten erhalten werden, aber für eine Sanierung fehlt das Geld.
RESTAURATOREN Seit fast zwei Jahren arbeiten Restauratoren an den Gebäuden. Sie legten die ursprünglichen Fundamente von drei Synagogen des Ghettos frei, die als die einzigen ihrer Art aus der Zeit der Renaissance gelten, die noch genutzt werden, wie der Kunsthistoriker David Landau sagt. Er bemüht sich um Spenden für die Restaurierung der Synagogen und der umliegenden Gebäude. Sie sollen weiterhin der kleinen jüdischen Gemeinde von Venedig mit ihren rund 450 Mitgliedern einen Ort zum Gebet bieten, aber auch Touristen einen Einblick in die Geschichte des Ghettos erlauben.
»Ich war wirklich zutiefst beleidigt über den Zustand der Synagogen«, sagt Landau, ein Renaissance-Spezialist, der vor zwölf Jahren ein Haus in Venedig kaufte. »Ich hatte das Gefühl, dass die Synagogen in einem sehr schlechten Zustand waren. Sie waren im Laufe der Jahrhunderte bis zur Unkenntlichkeit verändert worden und mussten irgendwie gepflegt und geliebt werden.«
Er hat bisher etwa fünf Millionen Euro zusammengebracht und geht davon aus, dass die Restaurierung bis Ende 2023 abgeschlossen werden kann. Allerdings nur, wenn auch der Rest der Finanzierung steht. Die geschätzten Kosten für das Projekt stiegen allerdings inzwischen von ursprünglich vier Millionen auf sechs Millionen Euro.
GESCHICHTE Das Ghetto von Venedig geht auf das Jahr 1516 zurück. Damals zwang die Republik die wachsende Zahl der Juden, sich in dem Viertel niederzulassen, in dem sich die alten Gießereien befanden, die so genannten Geti. Das Gebiet, das nachts abgeriegelt wurde, gilt als das erste Ghetto Europas und ist bis heute das Zentrum der jüdischen Gemeinde Venedigs im Stadtteil Cannaregio.
Die erste Synagoge stammt aus dem Jahr 1528 und wurde von deutschen aschkenasischen Juden gebaut. Weitere folgten und sprachen andere Glaubensrichtungen an, darunter spanische sefardische Juden und italienische Juden. Keine ist von der Straße aus zu sehen, denn die strengen Vorschriften der Herrscher Venedigs erlaubten es den Juden nicht, ihren Glauben offen zu auszuüben. Alle Synagogen sind in den oberen Stockwerken scheinbar normaler Gebäude versteckt, die unteren Stockwerke beherbergten beengte Wohnräume für jüdische Familien.
Die Synagogen wurden mit Ausnahme der Jahre des Zweiten Weltkriegs während der deutschen Besatzung ununterbrochen genutzt. Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Venedig, Dario Calimani, sagte, das Restaurierungsprojekt sei notwendig, um das religiöse und kulturelle Leben der Juden in der Stadt fortzuführen und die Geschichte der Gemeinde zu bewahren. »Sie sind ein Zeugnis für das Leben, das es gab, für die Geschichte unserer kleinen Gemeinde.« ap