»Angestellt wird jeweils nur der Rabbiner. Aber eigentlich braucht es die ganze Familie und zwar sehr stark.« Dies sagt Yaron Nisenholz, Rabbiner der Israelitischen Gemeinde Basel (IGB). Die Belastungen vieler Rabbiner und damit auch ihrer Familienangehörigen haben in letzter Zeit zugenommen. Eine Gruppe meist jüngerer europäischer Rabbiner hat sich deshalb zu- sammengesetzt und strebt eine stärkere Zusammenarbeit untereinander an, um die Probleme gemeinsam anzugehen.
union Neben Nisenholz gründeten dafür Rabbiner Avichai Apel (Dortmund) sowie sein norwegischer Amtskollege Joav Melchior vor gut einem Jahr die »Union of European Zionist Rabbis«. Das ist ein loser Zusammenschluss von etwa 40 bis 50 Rabbinern aus Deutschland, der Schweiz, aber auch den skandinavischen Ländern sowie Großbritannien und Polen.
Die Mitglieder treffen sich, um Themen auszutauschen, die sie alle gemeinsam betreffen. Beispielsweise, wie sie jüngere Rabbiner aus Israel überzeugen können, in europäischen Gemeinden zu arbeiten. Auch Erziehungsfragen seien wichtig. Kinder in Gemeinden ohne jüdische Schulen sollen religiöse Bildungsprogramme im Internet finden können.
ansprüche Den Austausch untereinander wollen aber auch die Frauen der Rabbiner verbessern, denn sie seien oft besonders gefordert, meint Rabbiner Yaron Nisenholz. »Eine Rebbetzin steht eben in der Regel nicht auf der Gehaltsliste der Gemeinden, obwohl große Erwartungen auch an sie gerichtet werden.«
So sollen sie etwa ihre Männer bei deren anspruchsvoller Tätigkeit unterstützen, ebenso am sozialen Leben der Gemeinden teilnehmen, etwa durch Einladungen und Repräsentationspflichten. Dabei hätten sie oft selbst gute Ausbildungen oder Berufe, müssten jedoch zugunsten ihrer Männer oftmals verzichten.
Betty Zinvirt, die Frau von Rabbiner Yaacob Zinvirt aus Duisburg, ist Diplom-Chemikerin. Die angesprochenen Probleme der Rabbinerfrauen möchte sie aber auch nicht zu hoch hängen: »Wie bei jedem anderen Ehepaar stellt auch ein Rabbinerpaar ein kleines, möglichst effizientes Team dar. Anders ist das Arbeitspensum gar nicht zu meistern.« Entsprechend hat Zinvirt viele Aufgaben, von Sprechstunden für Frauen zu allgemeinen Fragen über Mithilfe zur Heiratsvermittlung bis zu jüdischer Früherziehung im Gemeindekindergarten, für dessen Einsatz sie allerdings eine Aufwandsentschädigung erhält.
bräute Über diese Probleme, aber auch über durchaus traditionelle und gemeinsame Aufgaben von Rabbiner-Ehepaaren wie etwa die Vorbereitung von Bräuten aus nicht-religiösen Häusern, wollen die Frauen in Zukunft jeweils einmal im Jahr in einem Familienseminar besprechen. Das erste fand im Sommer 2010 in Bad Sobernheim statt.
In diesem Frühjahr folgten zehn Ehefrauen von Rabbinern einer Einladung von Rabbiner Nisenholz nach Basel, um sich untereinander besser kennenzulernen. Unter ihnen waren auch zahlreiche Rabbinerfrauen aus Gemeinden in Deutschland.
Die Kosten für diese Treffen tragen die neue Organisation sowie die Rabbiner und ihre Gemeinden selbst. Aber sie werden dabei auch aus Israel unterstützt: Die religiöse Abteilung der World Zionist Organization beteiligt sich an den Kosten.
bad sobernheim Betty Zinvirt hat im übrigen erst von der Jüdischen Allgemeinen erfahren, dass es diese neue Rabbinervereinigung überhaupt gibt. Bis jetzt war sie nicht eingebunden. Sie könne sich aber »sehr gut vorstellen«, sagt sie, dabei zu sein, wenn sich die Rabbiner und ihre Frauen das nächste Mal treffen. Das wird voraussichtlich Mitte August wieder in Bad Sobernheim sein.